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Die Abzeichen sind eine Art Mysterium, da die Bedeutung und Verwendung noch immer unbekannt ist. Unterlagen, Vorschriften, Fotos oder andere konkrete Belege wurden bisher nicht gefunden, Hersteller-Kennzeichen oder Prüf-Stempel sind nicht vorhanden. Und obwohl sich schon zahlreiche Fachkundige damit beschäftigt haben und sie mehrfach publiziert wurden, konnte bisher kein Licht ins Dunkle gebracht werden.
Falls Sie Hinweise haben, würde ich mich über Nachricht an email freuen.

 

1. Abzeichen (Hakenkreuz)
Einleitung

dreieck1 Das Abzeichen[1] [2] ist maschinengewebt auf einem grauen Basisstoff und es sind Bilder bekannt, auf denen mehrere in Reihe gewebt sind. Das spricht für eine maschinelle Fertigung und einen zumindest weitestgehend abgeschlossenen Einführungsprozess. Üblicherweise gab das Reichsfinanzministerium zunächst Entwurfs-Zeichnungen in Auftrag. Nach Auswahl wurden dann Anschauungsstücke handgestickt, begutachtet, bei Bedarf abgeändert und im Zweifel mit der Präsidialkanzlei oder anderen Organisationen abgestimmt. Danach musste ein Hersteller gesucht sowie die benötigten Stoffe und Garne besorgt werden. Dies war mit zunehmender Kriegsdauer allerdings immer schwieriger und stieß durchaus auf Missfallen der Präsidialkanzlei und des Rüstungsministeriums, die den Fokus auf kriegswichtige Dinge legten.

Schon 1981 berichtete das belgische Militaria-Magazin AMI über das Auftauchen seit Ende der 70er Jahre. Die Bedeutung konnte der Autor nicht aufklären, genauso wenig wie 2008 beim erneuten Aufgreifen im französischen Armes Militaria Magazine. 2020 versuchte es das deutsche Internationale Militaria-Magazin ebenfalls vergeblich. Ungefähr seit 2010 erscheint das Abzeichen in Internet-Foren und bei Militaria-Händlern, zunächst als lose Einzel-Stücke und später auch auf Feldmützen.

Theorien / Erklärungsversuche

Das Abzeichen wird überwiegend mit der 1937 eingeführten Uniform der Reichsfinanzverwaltung (RFV) in Verbindung gebracht. Die dunkelgrüne Tuchfarbe und das Sägezahnmuster sind hierbei typische Merkmale und finden sich z.B. auf den Kragenspiegel, dem Zollflieger-Abzeichen und dem geplanten Edelweiß-Abzeichen. Darüber hinaus könnte das Gebilde unter dem Hakenkreuz stilisierte Akanthus-Blätter darstellen, die Symbole der RFV waren, in Abgrenzung zum Eichenlaub der Wehrmacht.
Zusammen mit dem Hakenkreuz würde diese Kombination auf ein Hoheitszeichen hindeuten, das an Kopfbedeckungen aus Stoff (z.B. Feld- oder Bergmütze) oder am Uniformärmel vorstellbar wäre. In der Regel trugen Behörden an Kopfbedeckungen allerdings den Reichsadler, wobei es sich um einen nach links blickenden Adler mit einem Hakenkreuz in den Fängen handelte. Der Adler fehlt auf dem Abzeichen, was ungewöhnlich ist und letztendlich einen Bruch im Uniformwesen und mit den Vorschriften darstellen würde.

Die Theorien zur Bedeutung sind zahlreich, nachfolgend eine Übersicht der gängigsten Deutungsversuche:

  • Forst / Jäger

    Die Tuchfarbe und das auf der Spitze stehende Hakenkreuz können in die Richtung Förster oder Jäger deuten und finden sich in ähnlicher Form auf Flaggen und Abzeichen der Reichsjägerschaft. Mit etwas Phantasie ähnelt die Abbildung unter dem Hakenkreuz einem Geweih. Vor dem Hintergrund des zweiten Dreiecks (siehe unten) ist diese Theorie zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht widerlegt.

  • Reichsarbeitsdienst (RAD)

    Das Sägezahnmuster fand auf Offiziers-Kragenspiegeln des RAD Verwendung und das auf der Spitze stehende Hakenkreuz war ebenfalls üblich. Das Stoff-Mützenabzeichen des RAD hat einige Gemeinsamkeiten mit dem Dreieck, genauso wie die Dienstgradabzeichen der weiblichen Angehörigen. Andererseits unterscheiden sich andere Details wiederum stark und die Farbe Grün war unüblich.

  • Hilfszoll in besetzten Länder

    In den östlichen Einsatzgebieten reichte das Personal bei weitem nicht aus, um die langen Grenzen zu überwachen. Deswegen nutze man Einheimische und sogenannte Volksdeutsche, die unter Aufsicht des Zollgrenzschutzes Hilfsdienste verrichteten. Die Kennzeichnung der Hilfszollmänner war je nach Einsatzgebiet höchst unterschiedlich, sodass ein eigenes Abzeichen nicht auszuschließen ist.

  • Neue bzw. geänderte RFV-Uniform

    Uniformen wurden stetig weiterentwickelt, optimiert und der schwieriger werdenden Rohstoffsituation angepasst. An der RFV-Uniform ist dies z.B. an der schlechter werdenden Tuchqualität, der Reduzierung von Uniformtaschen und dem Wegfall der dunklen Uniformkragen zu sehen. Ein neues Abzeichen für mehrere 10.000 Angehörige musste aber zwangsläufig zu Widerstand von anderen betroffenen staatlichen Stellen wie der Präsidialkanzlei führen. Dennoch sind hier verschiedene Möglichkeiten denkbar:
    Ärmelstreifen: Die 1937 eingeführte RFV-Uniform hatte zunächst mit Ausnahme der Dienstmütze kein Hoheitszeichen. Erst im Dezember 1938, also über ein Jahr später, kam es zur Einführung des Ärmelstreifens, bis dahin könnten mehrere Alternativen ausprobiert worden sein.
    Wappenschild: Die Zeitschrift Uniformen-Markt teilte im Februar 1942 mit, dass die Armbinde Grenzzollschutz [sic!] bleibt und die Schaffung eines besonderen Abzeichens fallen gelassen wurde. Damit könnte das auf einer grünen Armbinde getragene Wappenschild aus Messing gemeint sein, das eventuell durch eine rohstoffsparende Textil-Variante ersetzt werden sollte.

  • Weibliche Zoll-Angehörige

    Diese Deutung ist in Internet-Foren und Verkaufsbeschreibungen weit verbreitet, wobei möglicherweise aber gegenseitig abgeschrieben wird.
    Das Dreieck könnte man mit gutem Willen durchaus als Zoll-Äquivalent der Dienstgrad-Abzeichen für weibliche Reichsarbeitsdienst-Angehörige halten, allerdings sind beim Zoll bisher keine Dienstgrade für weibliche Hilfskräfte bekannt. Andererseits behauptete 2010 ein Mitglied des wehrmacht-awards-Forums, dieses Abzeichen auf dem Foto einer Zoll-Angehörigen gesehen zu haben. Das Foto wurde aber trotz Bitten nicht gezeigt und auf persönliche Ansprache kam keine Rückmeldung.
    Weibliche Zoll-Angehörige gab es an den Grenzen in Form von Durchsuchungsfrauen, die weibliche Grenzgänger z.B. auf Schmuggelware durchsuchten. An den Reichsgrenzen übernahmen dies oft Ehefrauen von Zöllnern, dem Zollgrenzschutz im besetzten Frankreich stellte das Deutsche Rote Kreuz ab 1941 ca. 100 Zollgrenzschutz-Helferinnen zur Verfügung. Diese trugen zunächst ihre Schwesterntracht, erhielten aber bald Zoll-Bekleidung mit dem normalen Zoll-Ärmelstreifen. In den anderen besetzten Gebieten fand man andere Lösungen oder ging anscheinend nicht so zimperlich mit der Bevölkerung um.
    Der Zollgrenzschutz war eine vergleichsweise kleine Organisation, die nicht sonderlich im Rampenlicht stand. Zwar gab es im Nationalsozialismus einen Wildwuchs an Abzeichen, Ehrenzeichen und Auszeichnungen aller Art, fraglich ist aber, warum die vielleicht 100 Helferinnen ein eigenes Abzeichen benötigten. Außerdem ist das Dreieck auch nicht besonders sprechend, das heißt, es lässt sich nicht für jeden Betrachter sofort einer bestimmten Organisation zuzuordnen. Vom Zollflieger-Abzeichen wurden andererseits zwar nur 30 Stück gefertigt, dabei handelte es sich aber um ein Funktionsabzeichen für männliche Beamte und zwar zusätzlich zum klassischen Hoheitszeichen. Ein Blick auf andere Organisationen und Verwaltungen hilft hierbei nur wenig, da es von Fall zu Fall unterschiedliche Regelungen gab.

  • Fälschung / Phantasie-Abzeichen
    Nicht außer Acht lassen sollte man den Gedanken, dass es sich um eine Imitation bzw. ein Phantasie-Abzeichen handeln könnte. Bekannt ist derartiges beim Zollgrenzschutz z.B. schon von Erkennungsmarken und Wappenschildern sowie von angeblichen Dienstzeit-Andenken. Seit etwa den 70er/80er Jahren kommen immer wieder unbekannte Abzeichen von Wehrmacht und NS-Organisationen in guter Qualität auf den Markt, die sich aber später als Fälschung herausstellen.
    Nachdem das Dreieck lange Zeit als Solo-Stück zu finden war und einige Diskussionen es als Mützenabzeichen einordneten, boten es in den letzten Jahren vereinzelt Händler aufgenäht auf Feld- und Bergmützen an. Ein überraschender Zufall. Einen faden Beigeschmack bekommt dies ferner, weil einer dieser Anbieter schon mehrfach wegen gefälschter Nazi-Devotionalien in der Kritik stand, was in diesem Zusammenhang aber natürlich nichts heißen muss.

 

2. Abzeichen (ZGrSch)

dreieck2Es gibt ein weiteres dreieckiges Abzeichen in ähnlicher Aufmachung, ebenfalls auf grauem Basisstoff maschinengewebt, mit grünem Tuch und Sägezahnrand. Die Spitze zeigt in diesem Fall nach oben und enthalten nur ist die Inschrift ZGrSch. Es ist noch seltener zu finden als das obige Abzeichen, in Foren-Diskussionen kommt es kaum vor, vereinzelt boten es Händler an und publiziert wurde es bisher anscheinend nur 2020 im Internationalen Militaria-Magazin.
Da es kein klassisches Hoheitszeichen enthält und eher einfach gefertigt ist, hätte es für sich alleine auf den ersten Blick für den Zollgrenzschutz der Nachkriegszeit stehen können, die Ähnlichkeiten beider Abzeichen sprechen jedoch für einen gemeinsamen NS-Bezug.

Die Inschrift ist natürlich ein sehr deutliches Indiz und die Abkürzung fand im dienstlichen Schriftverkehr der Reichsfinanzverwaltung (RFV) für den Zollgrenzschutz zwar Gebrauch, wenn auch nur äußerst vereinzelt. Die RFV schätzte derartige Abkürzungen intern nicht besonders und nach außen hin vermutlich noch weniger. Für sich betrachtet sieht es nicht nach einem Mützenabzeichen aus, sondern eher nach einem Zugehörigkeitsabzeichen zum Tragen z.B. auf dem den Ärmel oder einer Armbinde. Die Buchstaben wirken etwas reingequetscht während darüber Platz verschenkt wird, eine quadratische oder runde Form wäre angebrachter. Die Schriftart macht für die damalige Zeit einen vergleichsweise modernen, fast künstlerischen Eindruck, während bis 1941 Fraktur und danach Antiqua üblich war.
Geht man davon aus, dass es sich um eine Art Hoheits- oder Zugehörigkeitsabzeichen handelt, dann musste die Symbolik bekannt sein, damit der Träger sofort als Amtsperson identifiziert werden konnte. Wenn diese Abkürzung aber schon in der RFV kaum Verbreitung fand, stellt sich die Frage, wie es außerhalb aussieht, z.B. gegenüber der Bevölkerung, Wehrmacht und Polizei.

 

Fazit

Solange es keine handfesten Anhaltspunkte gibt, sind viele Möglichkeiten denkbar. Zwar sind die eingeführten und die geplanten Abzeichen der Reichsfinanzverwaltung gut dokumentiert, andererseits sind wesentliche Aktenbestände seit Kriegsende verschwunden. Auch ein Hintergrund außerhalb der RFV ist nicht ausgeschlossen. Dass bisher noch nichts gefunden wurde, mag daran liegen, dass entsprechende Unterlagen den Krieg nicht überstanden haben oder verlegt sind, dass bisher an der falschen Stelle gesucht wurde, oder die Abzeichen vielleicht sogar eine Imitation sind.

 

Fußnoten / Anmerkungen

[1] Das Hakenkreuz ist im Einklang mit dem Paragrafen 86 des deutschen Strafgesetzbuches nicht abgedeckt (u.a. Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens und der Geschichte). Dies ist auch in der gedruckten Fachliteratur, bei Wikipedia sowie auf vergleichbaren Webseiten üblich.
[2] Herzlichen Dank an John Vanzo für die Genehmigung, sein Foto verwenden zu dürfen.

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