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Nachdem die Rote Armee die Ostgrenzen des Generalgouvernements Anfang 1944 erreichte, zogen sich die dortigen Zollgrenzschutz-Befehlsstellen mit der Zeit zurück und trafen spätestens im August 1944 in der Region um Krakau ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte gerade der Warschauer Aufstand im Norden des Generalgouvernements begonnen und die Rote Armee eroberte Ost-Polen, bis sie im Juli 1944 vor der Linie Warschau-Radom-Krakau stehen blieb. Befehlsstellen ohne Einsatzgebiet wurden zu Zollgrenzschutz-Bataillonen zusammengeführt, übernahmen Sicherungsaufgaben im Hinterland und sollten im Ernstfall in befestigten Auffanglinien eingesetzt werden. Als Folge des Stauffenberg-Attentats auf Adolf Hitler im Juli 1944 erreichte der Reichsführer SS, Heinrich Himmler, die Übernahme des Zollgrenzschutzes durch das Reichssicherheitshauptamt. Damit verließ der Zollgrenzschutz im September 1944 das fachliche Unterstellungsverhältnis mit dem Reichsfinanzministerium sowie der Wehrmacht in militärischen Belangen und wurde Teil der SS-Sicherheitspolizei.
Die Zollgrenzschutz-Bataillone sind nur sehr bruchstückhaft dokumentiert, da sich aus dem einst umfangreichen Dokumentenbestand der Kommandostelle praktisch nichts erhalten hat. Mit der Bewachung von verbliebenen Grenzen und dem Einsatz gegen Partisanen lässt sich das damalige Aufgabenspektrum des Zollgrenzschutzes deswegen nur schlagwortartig greifen.
Nach dem Halt der sowjetischen Armeen im Sommer 1944 wurden im Hinterland der Front eiligst Befestigungen und Stellungen angelegt, die sogenannten A1- und A2-Linien (Grafik rechts). Falls der Gegner die Hauptkampflinie durchbrach, sollten ihn diese Stellungen aufhalten und den eigenen Truppen befestigte Auffanglinien bieten, um aus ihnen Gegenangriffe zu starten. Das war die letzte ausgebaute Verteidigungslinie vor dem deutschen Kernland, die nächste befestige Stellungslinie (B-Linie) lag schon in Oberschlesien.
Zum Bau wurde die örtliche Bevölkerung zwangsverpflichtet. Letztendlich handelte es sich um Feldbefestigungen in Form von durchgehenden Schützengräben oder einzelnen Stützpunkten, mit Stacheldraht, Minenfeldern, Panzergräben und Maschinengewehr-Nestern. Unterstände bestanden aus starken Holzstämmen mit einer dicken Erdschicht, Betonbunker usw. gab es nicht. Die schwerste Bewaffnung stellten Panzerabwehrkanonen dar, die aber nur auf engem Raum beweglich waren, klassische Artillerie war nicht vorhanden. Hinter den A-Linien wurden Orte wie Krakau und Tschentochau zur Verteidigung befestigt. Kampfstarke Truppen konnten für die Besetzung der Gräben nicht aufgeboten werden, da sie an anderen Kriegsschauplätzen dringender benötigt (z.B. Ardennen, Westwall, Budapest, Italien).
Deswegen kratzte man im rückwärtigen Gebiet alles Verfügbare zusammen. Numerisch konnte so zwar eine gewisse Verteidigungsstärke erreicht werden, das Ergebnis war aber ein Sammelsurium an unterschiedlichen Organisationen und Dienststellen wie Wehrmachtbeamte, Versorgungs- und Verwaltungssoldaten, Stabspersonal, Polizei, Zollgrenzschutz, Bau-Bataillone, Werkschutz, Luftwaffen-Angehörige, Organisation Todt sowie lokale Stadt- und Landwacht. Diese Männer gingen weiterhin ihren normalen Aufgaben nach und besetzten die Stellungen nur im Alarmfall. Dieses Aufgebot war durchweg überaltert, mangelhaft ausgerüstet, schlecht ausgebildet und verfügte oft über keine wesentliche Kampferfahrung. Übungen im November 1944 zeigten deutlich die organisatorischen und baulichen Mängel der Stellungen sowie die schwache Besetzung mit teils nur 1 Mann auf 200m. Zwar sollten die Grabenbesatzungen durch von der Hauptkampflinie zurückgehende Wehrmachteinheiten verstärkt werden, das Gelingen des Konzepts war allerdings mitunter stark von Glück und dem Mitspielen des Gegners abhängig. Die Überlegenheit der Roten Armee an Menschen und Material (vor allem Artillerie, Panzer und Flugzeuge) konnte die deutsche Seite nicht annähernd ausgleichen und der Treibstoff-Mangel wirkte sich bereits überall lähmend aus. Hinzu kam das übliche Nebenher von Organisationen und Einheiten sowie, trotz der heiklen Lage, ständiges Kompetenzgerangel. Die Unterstellung unter den Militärbefehlshaber trat nur im konkreten Angriffsfall in Kraft, ansonsten war er auf Zusammenarbeit angewiesen. Darüber hinaus gab es bei den einzelnen Organisationen und Einheiten ein dauerndes Kommen und Gehen, spontane Absatzbewegungen aus dem Frontgebiet heraus bzw. offenes Desinteresse, so verweigerte ausgerechnet ein als Grabenbesatzung eingeteilter Einsatzstab der örtlichen NSDAP die Teilnahme an Alarmübungen außerhalb seiner Arbeitszeit von 7-19 Uhr.
Anfang Januar 1945 standen an den A-Linien 2 Zollgrenzschutz-Bataillone, allerdings Kompanieweise und weit auseinandergezogen eingesetzt:
Bataillon | Gliederung | Standort | Linie | Zuständige Division |
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Grunewald (ca. 400 Mann) |
Stab | Bochnia | A2 Nord | Division z.b.V. 601 |
1. Kompanie | Neu Sandez | A2 Süd | Division z.b.V. 601 | |
2. Kompanie | Kurow | A2 Nord | Division z.b.V. 601 | |
3. Kompanie | Kobyle | A2 Nord | Division z.b.V. 601 | |
4. Kompanie | Miechow | A1 | Division z.b.V. 602 | |
Kursawe / Kehl (ca. 300 Mann) |
Stab | ? | ? | ? |
1. Kompanie | Ruda Pilczycka | A1 | Division z.b.V. 603 | |
2. Kompanie | Koniecpol | A2 | Division z.b.V. 603 | |
3. Kompanie | Łączkowice | A2 | Division z.b.V. 603 | |
4. Kompanie | Salkowszczyzna | A2 | Division z.b.V. 603 |
Letztendlich waren die Vorbereitungen und Durchhalteparolen vergebens. Der sowjetische Großangriff am 12.01.1945 im Rahmen der sowjetischen Oder-Weichsel-Operation zwischen Ostsee (Ostpreußen) und den Karpaten (Ungarn) durchbrach auch die Hauptkampflinie im Generalgouvernement zügig, die Panzer der Roten Armee waren oft schneller an den Auffanglinien als die zurückgehende Wehrmacht. Auch Krakau stellte kein Hindernis dar, es wurde einfach von den sowjetischen Truppen umgangen. Schon am 19.01. war die Reichsgrenze erreicht. Ob der Zollgrenzschutz tatsächlich in Kampfhandlungen eingriff, ergibt sich aus den bisher bekannten Unterlagen nicht, ist aber zu vermuten.
Bezeichnung | Zollgrenzschutz-Regiment Galizien | |||
Unterstellung | ? | |||
Feldpostnr. | - | |||
Führung | Kommandeur: ? I. Bataillon: ? II. Bataillon: ? III. Bataillon: Zollrat Alfred Grunewald |
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Stärke | ? | |||
Einsatz | Das Regiment entstand im März oder April 1944 durch Umwandlung von Teilen der ostgalizischen Befehlsstellen des Zollgrenzschutzes im Generalgouvernement (siehe nachfolgende Tabelle). Mitte April 1944 hatte der Regimentsstab seinen Sitz in der Seminariumstr. 4 in Lemberg (heute Slovats'koho St in Lwiw/Ukraine), im August lag das Regiment im Westen des Generalgouvernements in der Nähe von Krakau. Das I. Bataillon war im August bis auf die 1. Kompanie (Standort in Zarnowiec bei Miechow) auf dem Transport nach Ungarn bzw. der Slowakei, das II. und III. Bataillon lagen mit je ca. 400 Mann in Bochnia. Die Bewaffnung bestand im Wesentlichen aus Gewehren, Maschinenpistolen und -gewehren, aufgrund der geringen Ausstattung mit Fahrzeugen lag die Beweglichkeit nur bei 40%. Das II. und III. Bataillon lassen sich noch Anfang November 1944 mit ähnlicher Mannstärke und Bewaffnung nachweisen, allerdings umbenannt in Befehlsstellen E (III.) und F (II.). Das Regiment wird zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr erwähnt, aus dem III. Bataillon/BefSt. E ging das Zollgrenzschutz-Bataillon Grunewald hervor. | |||
Gliederung | Bataillon | Kompanie | ehemaliges Bezirkszollkommissariat | ehemalige Befehlsstelle |
I | 1 | BZKom Zbaraz | Befehlsstelle Tarnopol | |
2 | BZKom Suchowcze | Befehlsstelle Tarnopol | ||
3 | BZKom Zalosce | Befehlsstelle Tarnopol | ||
4 | BZKom Podlowoczyska | Befehlsstelle Tarnopol | ||
II | 5 | unbekannt, möglicherweise nicht aktiv | ||
6 | BZKom Zaleszczyki | Befehlsstelle Czortkow | ||
7 | BZKom Husiatyn | Befehlsstelle Czortkow | ||
8 | BZKom Perehinsko | Befehlsstelle Stryj | ||
III | 9 | BZKom Brody | Befehlsstelle Radziechow | |
10 | BZKom Szczurowice | Befehlsstelle Radziechow | ||
11 | BZKom Stojanow | Befehlsstelle Radziechow | ||
12 | BZKom Tartakow | Befehlsstelle Radziechow |
Bezeichnung | Zollgrenzschutz-Bataillon Grunewald, auch Befehlsstelle E |
Unterstellung | Fachlich: SS-Sicherheitspolizei Militärisch: Division z.b.V. 601, die 4. Kompanie unterstand der Division z.b.V. 602 |
Feldpostnr. | - |
Führung | Zollrat Alfred Grunewald 1. Kompanie: ? 2. Kompanie: ? 3. Kompanie: ? 4. Kompanie: ? |
Stärke | Ca. 400 Mann |
Einsatz | Das Bataillon war nach Alfred Grunewald benannt, bis März 1944 Leiter der Befehlsstelle Czortkow in Galizien. Im März übernahm er im galizischen Chodorow das III. Bataillon des Zollgrenzschutz-Regiments Galizien, dem vermutlichen Vorgänger des Bataillons Grunewald. Das lässt sich erstmals im Dezember 1944 mit Sitz in Bochnia nachweisen und wurde später oder parallel in Befehlsstelle E umbenannt. Seit September 1944 unterstand der Zollgrenzschutz im Generalgouvernement der SS-Sicherheitspolizei und nur im konkreten Verteidigungsfall wechselte die Befehlsgewalt zur Wehrmacht. Anfang und Mitte Januar 1945 lag das Bataillon weit verstreut über die A1- und A2-Linien und wurde Kompanieweise bei den örtlichen militärischen Führen eingesetzt (siehe Tabelle weiter oben). Vermutlich besetzten die Kompanien plangemäß ihre Stellungen, ob es zu Kampfhandlungen kam ist unklar, es sind jedenfalls Vermisste bekannt. Am 17. Januar marschierte die 4. Kompanie nach Wieliczka nahe Krakau, wo es durch einen Luftangriff Verluste gab. |
Das Bataillon wird in der Vermisstenbildliste des Deutschen Roten Kreuzes erwähnt, in den umfangreichen Listen des Kampfkommandanten Krakau von November 1944 und Januar 1945 taucht solch ein Bataillon jedoch nicht auf. Vom Zollgrenzschutz war zu den Zeitpunkten nur die Kommandostelle mit knapp 40 Mann vor Ort, vermutlich ist eines der im Umfeld von Krakau stationierten Zollgrenzschutz-Bataillone gemeint.
Bezeichnung | Zollgrenzschutz-Bataillon Kursawe Zollgrenzschutz-Bataillon Kehl (ca. Mitte Januar 1945) |
Unterstellung | Fachlich: SS-Sicherheitspolizei Militärisch: Division z.b.V. 603 |
Feldpostnr. | - |
Führung | Zollrat (?) Georg Kursawe 1. Kompanie: ? 2. Kompanie: ? 3. Kompanie: ? 4. Kompanie: ? |
Stärke | Ca. 300 Mann |
Einsatz | Das Bataillon war nach Georg Kursawe benannt, dem Leiter der Befehlsstelle Cholm an der Ostgrenze des Generalgouvernements. Die Befehlsstelle lag im August 1944 in Petrikau im westlichen Teil mit ca. 180 Mann, wobei knapp 40 Mann noch als vermisst galten und ca. 20 bei Truppenteilen an der Weichsel eingesetzt waren, was auf die Beteiligung an Kampfhandlungen schließen lässt. Die Einheit lässt sich ab November 1944 nachweisen, teils ist auch von der Zoll-Abteilung Kursawe bzw. Zoll-Abteilung K die Rede. Letztmalig fand das Bataillon Kursawe Anfang Januar 1945 Erwähnung, danach wurde im gleichen Einsatzgebiet vom Bataillon Kehl gesprochen. Das schließt auf eine Umbenennung, da zu der Zeit wohl kaum ein komplettes Bataillon ausgetauscht wurde und in der Region keine andere Zolleinheit verfügbar war. Interessanterweise erschien Anfang 1945 beim Zollgrenzschutz-Bataillon Oberrhein III im Schwarzwald ein Kommandeur namens Kursava, bei dem es sich um Georg Kursawe handeln könnte, außerdem lag diese Einheit dort in der Region um Kehl. Das mag eventuell nur ein Zufall sein, ein Kommandeur oder leitender Zollgrenzschützer namens Kehl ließ sich bisher jedenfalls nicht ausfindig machen. Seit September 1944 unterstand der Zollgrenzschutz im Generalgouvernement der SS-Sicherheitspolizei und nur im konkreten Verteidigungsfall wechselte die Befehlsgewalt zur Wehrmacht. Anfang und Mitte Januar 1945 lag das Bataillon weit verstreut über die A1- und A2-Linien und wurde Kompanieweise bei den örtlichen militärischen Führen eingesetzt (siehe Tabelle weiter oben). Vermutlich besetzten die Kompanien plangemäß ihre Stellungen, ob es zu Kampfhandlungen kam ist unklar. Im Standard-Nachschlagewerk Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg von Georg Tessin heißt das Bataillon irrtümlich Mehl. |