Fritz Haßelhuhn war ein Zöllner, der in der Reichs- und der Bundesfinanzverwaltung als Zollhundeführer arbeitete und insbesondere Ende der 1940er Jahre mit seinem Zollhund Raudi bei der Schmuggelbekämpfung eines der erfolgreichsten Teams war. Seine Aufzeichnungen und Fotos wurden für diesen Beitrag freundlicherweise von seinem Enkel Jörn zur Verfügung gestellt. Solch umfangreiche Unterlagen findet man aus dieser Ära nur äußerst selten. Für das Material, die interessanten Gespräche und die sehr angenehme Zusammenarbeit danke ich Jörn Haßelhuhn herzlich.

Kindheit und Jugend

Fritz Haßelhuhn wurde am 13.08.1905 im ostpreußischen Werschen[1] nahe Königsberg[3] als Ältester von 3 Brüdern geboren. Seine Vorfahren waren in der Gegend schon lange als Landwirte ansässig. Ostpreußen war eine eher bäuerlich geprägte Region, die neben einigen Großstädten wie Königsberg und Memel überwiegend aus kleineren Ortschaften bestand. Außer der Landwirtschaft waren insbesondere die Weiterverarbeitung von Agrarprodukten und Holz sowie die Fleisch- und die Ziegelproduktion wesentliche Wirtschaftszweige, Industrie und Bodenschätze gab es kaum.
Die Kindheit war einfach und mit den heutigen Ansprüchen nicht entfernt vergleichbar. Fernab von größeren Städten und kulturellen Angeboten waren das freie Feld und der nahe Fluss der Spielplatz, an dem er auch gerne angelte. Daneben galt es aber schon früh im elterlichen Hof zu helfen, z.B. mit Gänse hüten und Holz hacken. Im Winter trug er Holzschuhe sonst ging er barfuß, elektrisches Licht gab es nicht sodass der Tagesablauf von der Sonne bestimmt wurde. Einfach war das arbeitsreiche Leben damals sicherlich nicht, er musste früh selbständig werden und Verantwortung übernehmen, er beschreibt die Kindheit aber als glücklich. Von 1912-19 ging es in zweiklassige Volksschule im nahen Kiehlendorf[3] und nach dem Unterricht musste auch dem Lehrer bei seiner nebenbei betriebenen Landwirtschaft geholfen werden. Er blieb noch etwa ein Jahr zu Hause, um in der Landwirtschaft seines Vaters zu helfen.

Den Beginn des 1. Weltkrieges Anfang August 1914, erlebte Haßelhuhn im Alter von 8 Jahren, als der Vater unverzüglich zum Militär eingezogen wurde. Nachdem sich die Spannungen in der Folge des Attentats auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo am 28.06.1914 kontinuierlich steigerten, erklärte das Deutsche Kaiserreich dem Russischen Kaiserreich am 01.08.1914 den Krieg. Hierbei erwartete man eine mehrere Wochen dauernde Mobilisierung Russlands und hielt deswegen mit der 8. Arme nur schwache Truppen in Ostpreußen vor. Russland konnte jedoch schon in wenigen Tagen 2 Armeen mobilisieren und nach der erfolgreichen Schlacht bei Gumbinnen am 19.08. große Teile Ostpreußens besetzen. Die auf sich allein gestellte Mutter floh für eine Weile zu Verwandten, die russischen Truppen in der Gegend verhielten sich gegenüber der Bevölkerung allerdings korrekt. Ende August übernahmen Paul von Hindenburg und Erich Ludendorf die Führung der 8. Armee und konnten die russischen Truppen mit den Schlachten von Tannenberg und an den Masurischen Seen zurückschlagen und damit Ostpreußen bis Kriegsende frei von fremden Truppen halten. Die Zeiten wurden trotzdem nicht einfacher, der Hof musste ohne den Vater bestellt werden und die Nahrungslage verschlechterte sich zusehends.

1921, im Alter von 15 Jahren, fing Haßelhuhn als Arbeiterjunge bei der Ziegelei in Klein Gnie[4] an und wechselte wenige Monate später als Jungarbeiter zur Ziegelei Groß Gnie[5]. Die Arbeit war körperlich schwer und dreckig, die Bedingungen nicht gerade gesund und die Arbeitszeiten bestimmte der Brennofen.

 

Militärzeit

FotoFritz Haßelhuhn interessierte sich schon seit den Kindertagen für das Militär, das damals gesellschaftlich allgemein ein hohes Ansehen genoss. 1924 bewarb er sich bei der Reichswehr, die Bewerberzahlen waren hoch, die Anforderungen an die Kandidaten auch, Haßelhuhn schaffte jedoch die Aufnahme und wurde am 01.12.1924 Soldat im 1. (Preußischen) Infanterie-Regiment in Königsberg.

Nach dem verlorenen 1. Weltkrieg schrieb der Versailler Vertrag eine Beschränkung auf ein Berufsheer in der Stärke von maximal 100.000 Mann fest, wobei sich Mannschaften und Unteroffiziere auf 12 Jahre Dienstzeit verpflichten mussten. Das Verhältnis zum benachbarten Ausland war damals nicht frei von Spannungen. Während Deutschland international lange isoliert war (der Beitritt zum Völkerbund erfolgte erst 1926), sich von Feinden umgeben fühlte und mit den harten Bedingungen des Vertrages umzugehen hatte, fürchtete insbesondere Frankreich ein erstarkendes Deutschland und hatte unter den schlimmen Verwüstungen in den östlichen Landesteilen umzugehen, einhergehend mit wirtschaftlichen Folgen.

Die lange Verpflichtungszeit der Soldaten ermöglichte eine ausführliche Ausbildung, die breit gefächert war und darauf abzielte, dass Soldaten bei Ausfall der Vorgesetzten deren Aufgaben sofort übernehmen konnte. Haßelhuhn beschreibt die Zeit als hart und fordernd, aber von starker Kameradschaft geprägt. Bei Kameraden und Vorgesetzten gut angesehen, machte er nach und nach Karriere und wurde schon nach kurzer Zeit Ausbilder. Seine Stationen waren:

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  • 1924 Aufnahme in das 1. (Preußische) Infanterie-Regiment in Königsberg
  • 1925 Stubenältester und Rekrutengefreiter
  • 1926 Obergrenadier
  • 1928 Gefreiter
  • 1929 Unteroffizieranwärter, Unteroffizier-Lehrabteilung 1 in Königsberg-Rothenstein
  • 1930 Unteroffizier
  • 1931 Kammerunteroffizier in der Bekleidungskammer
  • 1932 Unterfeldwebel
  • 1933 Verlegung seiner Kompanie in die Reiterkaserne Insterburg
  • 1934 Feldwebel (Urkunde rechts), Verlegung seiner Halbkompanie nach Goldap mit Wechsel zum 22. Infanterieregiment
  • 1936 Besuch der Heeresfachschule und Ausscheiden aus der Wehrmacht


FotoIm Herbst 1932 lernte der 27-jährige Fritz Haßelhuhn die knapp 3 Jahre jüngere Charlotte Heiland aus Danzig kennen und war sofort fasziniert von dem, wie er berichtet, lebenslustigen und schönen Mädchen. Pfingsten 1933 folgte die Verlobung und am 30.09.1933 die Hochzeit in der Lutherkirche zu Danzig-Langfuhr[6]. So einfach und selbstverständlich war dies damals allerdings nicht, benötigten Soldaten doch eine Heiratserlaubnis des Vorgesetzten, der damit sicherstellen sollte, dass Soldaten sich nicht mit dem falschen Mädchen einließen. Im November 1934 kam Manfred zur Welt, im Januar 1937 Jürgen und im Oktober 1938 Werner. Die Familie bezog eine hübsche aber einfache Wohnung in Insterburg gegenüber der Kaserne.

Angehörige der Reichswehr/Wehrmacht hatten bei fachlicher und körperlicher Eignung sowie entsprechendem Leumund nach der Verpflichtungszeit die Möglichkeit auf Übernahme in die öffentliche Verwaltung als sogenannte Zivilanwärter. Die fachliche Eignung wurde mit dem Abschluss der Heeresfachschule belegt, während ein Arzt die körperliche Eignung überprüfte. Haßelhuhn schloss die Heeresfachschule für Verwaltung und Wirtschaft in Goldap im September 1936 mit gut ab und entschied sich für die Reichsfinanzverwaltung. Zuvor erhielt er die erst im März 1936 gestiftete Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. und III. Klasse für 4 und 12 Jahre Dienstzeit.

 

Dienst in der Zollverwaltung
Ostpreußen & Grenzwacht

FotoIm Februar 1937 begann die eigentliche Ausbildung als Zollanwärter in Dubeningken[7] im Bezirk des Hauptzollamts (HZA) in Eydtkuhnen[8] beim Oberfinanzpräsidium Ostpreußen. Nach dem 1. Weltkrieg verlor Ostpreußen die Landverbindung mit dem deutschen Kernland und war quasi eine von Polen umschlossene deutsche Exklave. Die Zolldienststellen an den Grenzen lagen meist in kleinen Dörfern mit geringer Infrastruktur und hatten neben Schmuggel vor allem mit harten Wetterbedingungen (im Winter viel Schnee, im Sommer starke Hitze) zu kämpfen. Die jeweiligen Hauptzollämter waren überwiegend eigenständig für die Ausbildung zuständig und sollten die angehenden Beamten auf die örtlichen Gegebenheiten vorbereiten, denn mit Ausnahme von höheren Beamten blieb das Personal in der Regel im gleichen Bezirk. Die ab 1935 errichteten Zollschulen führten zentrale Lehrgänge und Prüfungen durch, um die (angehenden) Zollbeamten nach einheitlichen fachlichen aber auch politischen Kriterien zu schulen und zu beurteilen. August bis Dezember 1937 verbrachte Haßelhuhn an der Zollschule Waldenburg in Schlesien und schloss sie am 23.12. mit der bestandenen Zollassistentenprüfung ab. In der Prüfung waren Aufgaben in (politischer) Staats- und Verwaltungslehre, Grenzdienstlehre und Polizeiwesen zu bestehen, die Finanzstaatssekretär Fritz Reinhardt zentral für alle Zollschulen stellte. Neben theoretischem Wissen vermittelte die Schule auch praktische Kenntnisse an der Grenze, die sich Haßelhuhn an der deutsch-tschechischen Grenze bei Selb aneignete.

Im Januar 1938 bekam er seine erste Planstelle bei der Zollaufsichtsstelle (ZASt) Herzogsau[9] im Bezirk des HZA Neidenburg[10] in Ostpreußen. Herzogsau war ein kleines bäuerliches Dorf an der deutsch-polnischen Grenze und lag an einer wichtigen Landstraße. Das zeigte sich auch in der Wohnung der Familie, bei der Bad, Toilette, Wasseranschluss und elektrische Beleuchtung fehlten. Er konnte sich aber nicht lange eingewöhnen, da schon kurz danach die sechswöchige Ausbildung zum Zollhundeführer in der Polizeihundeschule Grünheide begann. Grünheide war eine auch international anerkannte Ausbildungsstätte für Spür-, Wach- und Rettungshunde sowie deren Führer, an der viele Zöllner mangels Kapazitäten der Reichsfinanzverwaltung ausgebildet wurden. In Grünheide bekam er seinen Zollhund Cito, einen Airedale Terrier (Foto rechts), der 1941 im Generalgouvernement vergiftet wurde. Zollhunde waren wichtige Helfer an der Grenze, da sie frühzeitig Witterung aufnahmen, illegale Grenzgänger bzw. Schmuggler stellten und dem Schutz der Zöllner dienten.
Schon im Sommer 1938 übernahm er als Aufsichtführender Beamter bzw. Postenführer die Leitung seiner ZASt. Die Zolldienststellen an der Grenze wurden seit Anfang der 1930er Jahre in die militärische Verteidigung der Grenzen einbezogen. Im Krisenfall sollte der Grenzaufsichtsdienst (1937 in Zollgrenzschutz umbenannt) um militärische ausgebildete Personen aus Grenznähe zum Verstärkten Grenzaufsichtsdienst (VGAD) erweitert werden. Im Falle einer militärischen Auseinandersetzung ging der VGAD in der Grenzwacht als Teil der Reichswehr/Wehrmacht auf. Dazu fanden regelmäßige Übungen statt, an denen Haßelhuhn ab 1938 als Führer des 2. Zuges im Grenzwacht-Regiment 12 mit Sitz in Muschaken[11] teilnahm.

FotoAm 25.08.1939, wenige Tage vor Beginn des deutschen Überfalls auf Polen, erhielt Haßelhuhn die Einberufung zur Wehrmacht im Rahmen der deutschen (verdeckten) Generalmobilmachung in seine aus den Übungen bekannten Aufgabe. Mit den ihm unterstellten 48 Mann bewachte er seinen Grenzabschnitt, war am deutschen Angriff am 01.09.1939 aber nicht beteiligt. Das Regiment rückte am 05.09. im Gebiet von Wetzhausen[12] nach Polen ein, die Grenzeinheiten folgten dabei den Fronttruppen und sicherten das rückwärtige Gebiet. Am 18.09. nahm das Regiment an der Schlacht an der Bzura teil und war nordöstlich des Kessels um zwei polnische Armeen bei Wyszogrod eingesetzt.
Wenig später wurde die Grenzwacht im Osten aufgelöst und Haßelhuhn Ende Oktober 1939 zurück zum HZA Neidenburg versetzt, eine angebotene Karriere als Offizier schlug er aus.

Nach Eingliederung ehemaliger polnischer Gebiete in das Deutsche Reich rückte das HZA an die neue Grenze mit dem Generalgouvernement vor und nahm Sitz in Zichenau[13]. Das vorgesetzte Bezirkszollkommissariat (BZKom) Neidenburg zog nach Rozan, seine ZASt nach Dyszobaba am Fluss Narew. Die Leitung übernahm er als Postenführer mit etwa 10 Beamten und 20 Reservisten, bevor die Dienststelle in die Schule nach Kruszwo an die neue Grenze zwischen Ostpreußen und dem Bezirk Bialystok umzog. Die Bevölkerung in der Gegend war arm und die hygienischen Gegebenheiten allgemein dürftig, seine Familie war auch deswegen in Herzogsau geblieben. Unterbrochen wurde der Einsatz im Sommer 1940 nach der Beförderung zum Zollsekretär durch einen 6-wöchigen Lehrgang zum Hundelehrer, wiederum in Grünheide. Im November 1940 erhielt er das Zollgrenzschutz-Ehrenzeichen (Urkunde rechts), das für eine bestimmte tadellos absolvierte Dienstzeit verliehen wurde. Dabei erhielt er es schon nach knapp 3 ½ Jahren an der Grenze, während üblicherweise eine Grenzdienstzeit von 8 Jahren zu absolvieren war, auf die allerdings Militär-Dienstzeiten angerechnet wurden.

 

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Zollaufsichtsstelle Kruszewo, 1939
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Mit Diensthund Cito in Kruszewo, 1941
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Charlotte Haßelhuhn und Fritzs
Bruder Paul mit Jürgen und Werner
in Kruszewo, 1942
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Paul und Fritz mit Werner
und Jürgen in Kruszewo, 1942

 

Baltikum & Kriegsende

Im November 1942 ging es für Haßelhuhn weiter nach Osten in das Gebiet des Zollgrenzschutzes Ostland im Baltikum als Hundelehrer. Nach Kriegsbeginn und dem Einziehen vieler Zöllner zur Wehrmacht konnten Zollhunde den zweiten Mann auf Streifen ersetzen, zudem wurden die Grenzen mit dem Einsatz des Zollgrenzschutzes in den besetzten Gebieten immer länger, wodurch der Bedarf an Hunden stieg. Die Reichsfinanzverwaltung richtete in der Folge eigene Hundeschulen ein, jedoch war es deutlich effizienter, Hunde und Hundeführer direkt im Einsatzgebiet auszubilden. Hierbei gab es einerseits ortsgebundene Einrichtungen, bei Bedarf aber auch an Schwerpunkten eingesetzte Ausbilder.

FotoHaßelhuhn reiste jeweils zu den Dienststellen und fungierte als Ausbilder im Gebiet der Befehlsstelle Marienburg mit Bezirkszollkommissariaten in Estland (Irboska und Laura) sowie Lettland (Vilaka und Jaungalate) mit insgesamt 26 Grenzaufsichtsstellen und knapp 100 Hunden. Dabei baute er auch Strukturen und die Ausbildungsgrundsätze gemäß den örtlichen Gegebenheiten auf. Aufgrund der weiten Flächen und eher rudimentären Infrastruktur musste er bei den Reisen zwischen den Dienststelle auch Schlitten, Pferde und Kähne benutzen. Er war teils bis zu 15 Tage unterwegs und übernachtete bei den jeweiligen Dienststellen. Den Rest des Monats verbracht er mit Schriftsachen und hielt zwei Lehrgänge in Marienburg (heute Aluksne, Lettland) ab. Die Hundeausbildung hatte er zudem sehr erfolgreich nach neuen Grundsätzen aufgebaut. Im Januar 1943 erhielt Haßelhuhn das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern (Urkunde rechts), das für besondere Verdienste in Gebieten hinter der Front verliehen wurde z.B. im Zoll bei Einsatz unter organisatorisch besonders schwierigen Bedingungen, oder hohen Aufgriffen an der Grenze.
Wie in fast allen besetzten Gebieten nahmen mit dem Krieg gegen die Sowjetunion Widerstand und Anschläge durch Partisanen stark zu. So fuhr Haßelhuhns Zug am am 21.09.1943 auf eine Mine, er blieb jedoch unverletzt. Im Jahr 1943 geriet die Wehrmacht im Osten immer mehr in Bedrängnis, während die Rote Armee zunehmend ihre Überlegenheit an Menschen und Material ausspielen konnte. Als Folge zog sich der Zollgrenzschutz aus dem Baltikum zurück und Haßelhuhn ging im Dezember des Jahres wieder nach Ostpreußen an die neue Hundeschule in Becejly mit etwa 80 Hunden und 10 Mann Stammpersonal. Sie lag östlich von Königsberg und damit im Einzugsgebiet der sowjetischen Partisanenbewegung, mit denen es in der Folgezeit zu Auseinandersetzungen kam, mit Toten auf beiden Seiten. Nach 2 durchgeführten Lehrgängen wurde die Situation der abgelegen in einem Wald stationierten Schule im Sommer 1944 zunehmend brenzlig. Die Offensiven der Roten Armee drangen tief nach Westen vor und vernichteten die Heeresgruppe Mitte weitestgehend.

Im Juli 1944 ging es als Hundelehrer zurück seinem alten BZKom Rozan unter Bezirkszollkommissar Kittel, danach traten die Veränderungen immer schneller ein. Zuerst wurden die Dienststellen der Region zusammengelegt und für Bewachungsaufgaben bzw. den Bau von Verteidigungsanlagen eingesetzt. Der Zollgrenzschutz sammelte damals im Raum Königsberg/Danzig Dienststellen aus dem Baltikum und dem Generalgouvernement und formierte aus ihnen Zollgrenzschutz-Bataillone, um vor Ort die Rote Armee aufhalten zu können. Zunächst sollten sie Verteidigungsanlagen bauen, der zurückgehenden Wehrmacht den Rücken freihalten und die hinter der Front liegenden Stellungen besetzen. Im allgemeinen Chaos der schnell vorrückenden Roten Armee, den abgekämpften Wehrmachts-Verbänden und den fehlenden Reserven kam neben Volkssturm und eilig zusammengestellten Kampfgruppen auch der Zollgrenzschutz zum Einsatz. Hierbei hatte der Zollgrenzschutz, der überwiegend aus überaltertem und schlecht bewaffnetem Hilfspersonal bestand, hohe Verluste. Königsberg und Danzig waren von Hitler zu sogenannten Festungen erklärt worden, um den Gegner aufzuhalten, dabei aber verkennend, dass die wenigen tausend schlecht ausgerüsteten Männer der Roten Armee nichts entgegenzusetzen hatten und letztendlich verheizt wurden. Das galt im Übrigen auch für die deutsche Zivilbevölkerung, der die Flucht erst erlaubt wurde, als es praktisch schon zu spät war.

Haßelhuhn fungierte wieder als Zugführer, zeitgleich nahmen Fliegerangriffe zu und die Front rückte ständig näher, was eine häufige Alarmbereitschaft nötig machte. Eine schwere Bindehautentzündung brachte ihn nach einem Hundebiss erneut ins Lazarett, immerhin konnte er seinen 39. Geburtstag mit der Familie in Herzogsau verbringen. Wenige Tage später wurde das BZKom als Zollgrenzkommando Kittel der Wehrmacht zur Arbeit an Panzergräben und Befestigungen unterstellt.

Die weiteren Ereignisse bis zum Kriegsende beschreibt Haßelhuhn in eindringlichen Worten:

Anfang September 1944 wurden wir zu einer Brückensicherung bei Drozdowo, südlich von Rozan, eingesetzt. Am Abend des 03.09.1944 wurde meine Kompanie alarmiert und ich mit in meinem Zug zur Sicherung einer 20 Tonnen Brücke eingesetzt. Die Front lag noch zwölf Kilometer jenseits des Flusses, starke Verbände standen dort im Kampf mit den Russen. Um 24 Uhr hatte ich mit meinem Zug von etwa fünfzig Mann die Stellung vor der Brücke bezogen. Wir waren nur schlicht ausgerüstet, mit Gewehr 98 und MG 08/15[14], welche nicht mal schossen. In der Nacht kamen viele Fahrzeuge aus dem Kampfraum zurück, der Gefechtslärm kam immer näher. Gegen drei Uhr versuchte ich Verbindung mit meinen Nachbarn aufzunehmen, dabei wurden wir schon beschossen, denn jenseits des Narews waren die Russen mit vier Panzern aufgefahren und deckten uns mit ihrem Feuer vollkommen ein. Am frühen Morgen sprengten unsere Pioniere die Brücke. Der Russe hielt mit seinen Waffen unsere ganzen Stellungen unter Feuer, später griffen auch Kampfflugzeuge und Artillerie in den Kampf ein. So lag ich dann mit meinen paar Männern, ein großer Teil hatte sich während der Dunkelheit ohne Befehl abgesetzt. Unsere Nachbarn zur linken Hand hatten sich abgesetzt, auch rechts von uns war alles geräumt und mit einer Entlastung durch unsere Truppen war nicht zu rechnen. Mein Kompanie-Führer hatte sich aus dem Staube gemacht, Melder kamen nicht durch. Jetzt setzten auch die Russen unbehelligt von uns links und rechts über. Ich war nur noch mit etwa acht Mann im Graben, als ich gegen zehn Uhr den Befehl zum Räumen gab. Wir kamen alle trotz des schweren Feuers und der Minenfelder ohne Verluste raus, zwei Mann wurden vermisst. Das angreifende Volksgrenadier-Regiment kam zu spät, es konnten den Russen aus dem Brückenkopf nicht mehr zurückwerfen, den er bis zum Abend gebildet hatte. Von September bis Mitte Dezember waren wir wieder im Stellungsbau eingesetzt, zum Teil unter Artilleriebeschuss. Am 20.12.1944 wurde die ganze Einheit nach Zichenau in Ostpreußen verlegt, hier verlebten wir noch ein paar ruhige Tage mit Ausbildung und Alarmbereitschaft, auch das Weihnachtsfest und Neujahr lebten wir noch ruhig wie im Frieden.

Anfang Januar 1945 besuchte mich meine Frau, wenige Tage später begann die Schlacht um Ostpreußen. Sie kam im letzten Augenblick heil aus Zichenau raus und zurück nach Danzig, dort befand sich jetzt meine ganze Familie. Am 13.01.1945 hatte der russische Großangriff gegen unsere Heimat begonnen. Wir waren zu einer Geländeübung draußen, als wir gegen Mittag einrückten überraschte uns in der Stadt ein russischer Feuerüberfall. Wir besetzten sofort die vorbereiteten Stellungen mit unseren schwachen und schlicht ausgerüsteten Männern. Die Stellungen waren vollkommen von Schnee zugeweht, es war bitterkalt. Wir hielten die Stellungen 24 Stunden, als der Russe zum Angriff antrat begann die Flucht und ich war froh, mit ein paar Mann heil rauszukommen. In Mielau trafen wir dann auch den sogenannten „Kompanieführer" mit seinem „Stab“, dem wir uns anschlossen. Dann ging es ziemlich schnell, stets unter Druck der Russen begann der Rückmarsch über Mielau, Neidenburg, Hohenstein, Osterode, Mehrungen bis Elbing. Wir sollten verschiedene Male eingesetzt werden, doch verstand es unser Einheitsführer immer, sich dem zu entziehen. Wir sollten uns in Danzig melden, wo auch meine Familie war, doch der Weg war schon abgeschnitten. Die Verwirrung unter der Zivilbevölkerung und den Flüchtlingen war furchtbar. Auf dem Rückzug habe ich ein Flüchtlingselend gesehen, das nicht zu beschreiben ist. Wenn die Geschichte einmal die Flucht der ostpreußischen Bevölkerung beschreiben wird, so wird man es nicht glauben wollen, was die Bevölkerung an Entsetzlichem mitgemacht hat.
Die Einheit machte sich nun auf den Weg zum ca. 100km entfernten Königsberg, aber da war kein Durchkommen mehr, wir blieben in Heiligenbeil[15] hängen und dann in Braunsberg[16], dort wurden die Versprengten gesammelt und in der Kaserne neu aufgestellt. Ich wurde Zugführer von Soldaten, die ich nicht kannte, von Magenkranken und Gehörlosen, es war Deutschlands letztes Aufgebot. In einer Nacht, etwa um den 25.01.1945 - es war sehr kalt mit viel Schnee - wurden wir dem Russen in der Nähe von Drewsdorf bei Frauenburg[17] entgegengeworfen. Gleich in der ersten Nacht wurden wir vollkommen durcheinandergewürfelt, ich verletzte mich beim Stellungsbau am Fuß und musste zum Hauptverbandsplatz. Am anderen Tag kam ich wieder zu meiner Einheit zurück, machte direkt einen kleinen Gegenstoß gegen die Russen mit, dann gingen wir geordnet bis Drewsdorf zurück. Dann wurden wir im Wald bei Lindwall eingesetzt, hier lagen wir vier Tage und wehrten mehrere Angriffe ab. Die Nächte waren sehr kalt - zwanzig Grad unter null - mir waren trotz der Filzstiefel beide Füße erfroren. Am 17.02.1945 kam ich endlich aus dem Kessel raus [Anmerkung: gemeint ist vermutlich der Kessel von Heiligenbeil] und gleich in einem Sanitätswagen bis Braunsberg. Nach einer Übernachtung in einer Schule wurde am anderen Tage ein Transport von vierzig Pferdewagen für Verwundete und Kranke zusammengestellt. In Braunsberg staute sich der Verkehr ins Unermessliche, Flüchtlinge, Verwundete, Kranke und Soldaten verstopften die Straßen. Mein Transport ging am 18.02.1945 bei Kälte und klarem Wetter von Braunsberg über Heiligenbeil, Leysuhnen über das Eis des Frischen Haff zur Frischen Nehrung. Das Eis war schon spröde und brüchig, russische Tiefflieger griffen die wehrlosen Menschen pausenlos an, es war ein Bild des Jammers, das ich nie vergessen werde. Der Fahrer meines Wagens rechts von mir wurde mit Wadendurchschuss vom Wagen geschleudert, die Pferde rasten durch, bis ich sie zum Halten brachte. Überall waren offene Stellen im Eis, gegen 16 Uhr erreichten wir glücklich die Nehrung. Nach einer kalten Nacht, die wir unter Flüchtlingen verbrachten, wurden wir am anderen Tag mit Lastwagen über Neutief nach Pillau[18] gebracht. Hier schoss der Russe schon mit seiner schweren Artillerie hinein, überall war Auflösung und Flucht. Nach einigen Tagen der Ruhe und ärztlicher Untersuchung bekam ich eine Karte mit der Aufschrift Schiff um den Hals gehängt.

Am 22.02.1945 fuhr ich mit einem Kohlenschlepper nach Gotenhafen, er war mit Kranken überbelegt, wir kamen aber glücklich in Gotenhafen an. Dort gelang es mir eine Karte an meine Frau zu schicken, die sie auch noch erhalten hat. Wir wurden schnell auf das Passagierschiff Pretoria verladen mit 6.000 Soldaten, Verwundeten und Kranken sowie 4.000 Flüchtlingen an Bord. Das Schiff war überladen, ich bekam einen Platz auf einem Gang. Öfters hatten wir Fliegerangriffe, aber wir kamen gut in Saßnitz auf Rügen an und wurden gleich in einen bereitstehenden Lazarettzug verladen. Dann erlebten wir noch einen Bombenangriff mit Toten und Verletzten. Der Zug brachte uns nach Hamburg, dann ging es nach Wernigerode im Harz. Zwischen Hannover und Hildesheim wurde unser als Lazarettzug kenntlich gemachter Zug von fünf englischen Jagdfliegern angegriffen, wieder gab es Tote. Neben mir ging dicht am Kopf ein Geschoss durch die Wand - Schicksal!
Am Ziel wurden wir auf die einzelnen Lazarette verteilt, ich kam am 01.03.1945 nach Elend im Harz. Nach Entlausung und Verpflegung ging es ins schneeweiß bezogene Federbett, 24 Stunden ohne Unterbrechung schlief ich fest wie ein Murmeltier. Drei Wochen lag ich fest zu Bett, hatte Erfrierungen zweiten bis dritten Grades an den Füßen. Die Ruhe und das schöne weiße Bett - man konnte es gar nicht fassen, gerettet! Und doch begannen jetzt erst die größten Sorgen um meine Frau und die Kinder. Wo waren sie geblieben, es war manchmal fast untragbar geworden für mich, Danzig war jetzt auch eingeschlossen, war meine Familie dageblieben - wer wusste es! Die angloamerikanischen Bomberverbände flogen in großer Höhe Richtung Deutschland, tausende Flugzeuge. Bei uns machten sich auch schon Vorbereitungen für die Verteidigung bemerkbar, es wurde geschanzt, die Verpflegung war schlecht, wir haben gehungert, aber sonst war das Leben zu ertragen, wenn nicht die Sorge um die Lieben gewesen wäre. Man wusste jetzt, dass es mit unserem Vaterland zu Ende ging - wenn man auch solange noch auf die Wunderwaffe gehofft hatte, es war aus. Die Front rückte immer näher, wir wurden eingeschlossen. Artilleriefeuer lag auf der Lazarettstadt zwölf Stunden lang, wir mussten alle in die Keller. Am 18.04.1945 gegen zwei Uhr nachts kamen dann die ersten Amerikaner, wir waren Gefangene. Mir kamen die Tränen. Noch zehn Tage bis zum 28.04.1945 blieben wir in den Kellern, dann sollten wir in die Heimat entlassen werden - sollten!

 

Seine Dienstgrade in der Reichsfinanzverwaltung waren:
  • 1937 Zollanwärter
  • 1937 Zollassistent
  • 1940 Zollsekretär
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Abschluss der Heeresfachschule,
1936
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Beförderung zum Zollassistenten,
1937
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Beförderung zum Zollsekretär,
1940

 

Wieder im Zolldienst
Norddeutschland

Die Gefangenen kamen nach Wernigerode und wurden streng bewacht, nachdem man ihnen alle persönlichen Dinge abgenommen hatte. Dann stellte sich heraus, dass sie in französische Kriegsgefangenschaft kommen sollten, statt wie angekündigt entlassen zu werden. Haßelhuhn floh in der Nacht des 29.04. und konnte sich bei einer älteren Frau im Ort verstecken. Am 30.04.1945 meldete er sich bei der Polizei und bekam eine Lebensmittelkarte und musste sich jeden Tag bei der Polizei melden. Mit Gelegenheitsarbeiten hielt er sich in den folgenden Wochen über Wasser, doch die Sorge um die Familie blieb. Mit einem anderen Zöllner machte er sich am 26.06. auf den Fußmarsch nach Flensburg, unterwegs suchten sie vier Wochen lang überall vergeblich nach Familie und Bekannten. Dabei bekamen sie viel Hilfe, es gab immer Menschen, die von ihrem Wenigen etwas abgaben und gerade die Ärmsten gaben am meisten.
Am 20.07. erreichten sie das Hauptzollamt Flensburg in der Britischen Besatzungszone und konnten schon zum 30.07. wieder im Zolldienst anfangen. Der Zollgrenzschutz bestand auch nach Kriegsende weiter, die Strukturen wurden bei Bedarf angepasst, selbst die bisherige Uniform und Dienstgradabzeichen galten weiter, lediglich Hoheitszeichen mit dem Hakenkreuz waren abzulegen. Dienstantritt war im Bezirkszollkommissariat Süderlügum zur Einkleidung, dann ging es zur Grenzaufsichtsstelle Westre an der dänischen Grenze. Vieles war zu der Zeit noch improvisiert, Verpflegung wurde beim Bauern eingenommen, die Wohnung lag an der Dienststelle. Das spätere Schleswig-Holstein unterlag scharfen Grenzregelungen, die unter Aufsicht britischer Verantwortlicher streng umzusetzen war. Am 22.11.1945 kam auch endlich die erlösende Nachricht, dass Frau und Kinder in Boiensdorf nahe Wismar untergekommen und somit die Flucht heil überstanden hat. An Silvester konnte man nach fast einem Jahr Trennung ein Wiedersehen in Westre feiern. Für Erstaunen sorgte, dass seine Frau sogar Betten, Wäsche und Bekleidung den gefährlichen weiten Weg von Danzig durch Ostpreußen und die sowjetische Besatzungszone bis nach Norddeutschland retten konnte.
Aber ganz so viel Glück hatten nicht alle in der Familie. Fritz Haßelhuhns Bruder Walter war 1943 gefallen und Bruder Paul war Kriegsversehrt. Die betagten Eltern und der Bruder Paul flohen im Januar 1945 bei bitterer Kälte und vereisten Wegen durch Ostpreußen und Pommern, wo sie von russischen Truppen vor Ort festgehalten wurden. Dann wies man sie 1947 mittellos nach Baalberge in Sachsen-Anhalt aus, wo die Mutter kurz nach Ankunft verstarb. Die Zeiten in Westre waren hart, es fehlte an allem, nach dem Dienst mussten die Haßelhuhns bei Bauern arbeiten um über die Runden zu kommen und letztendlich hielten sie sich sogar ein Schwein, Hühner und Kaninchen.

Anfang Januar 1948 bekam Fritz Haßelhuhn mit dem Schäferhund Raudi wieder einen Zollhund. Der Anfang war schwer, beide mussten sich erst an einander gewöhnen und Raudi hatte großen Nachholbedarf in der Ausbildung. Haßelhuhn widmete der Ausbildung viel Zeit und merkte schnell, dass er einen ungewöhnlichen und widerstandsfähigen Hund hatte mit einer hervorragenden Nase.

Aachen-Lichtenbusch

FotoFür das bald gut eingespielte Team gab es an der dänischen Grenze wenig Arbeit, im Mai 1948 kam überraschend die Abordnung an die Inspektion des Zollgrenzschutzes Aachen zum Zollkommissariat Walheim nach Lichtenbusch an der belgischen Grenze. Nordrhein-Westfalen gehörte ebenfalls zur Britischen Besatzungszone, wo man die Grenzbewachung zentral unter die Chef-Inspektion des Zollgrenzschutzes Britische Zone in Cuxhaven organisiert hatte. Im Gegensatz zum eher eintönig Dienst in Schleswig-Holstein blühte im Bezirk Aachen der Schmuggel und erreichte ständig neue Höchststände. Die Region war Einfallstor für Kaffee, Tee, Tabak, Zigaretten, Schokolade, Fett usw. an dem es im Landesinneren mangelte und was den Schmugglern hohe Profite versprach. Neben Einzelgängern bekam es der Zoll schnell mit professionell agierenden Banden mit bis zu 100 Personen zu tun. Die Banden waren findig und nutzten neben Trägerkolonnen, Fahrzeuge auch Verstecke in Zügen und setzten selbst Kinder und Jugendliche ein. Die nur etwa 1.200 Zöllner an der ca. 200km langen Grenze des Zollgrenzschutzes Aachen konnten oft nur Nadelstiche setzen und waren den Banden in der Regel personell unterlegen. Trotz hoher Aufgriffszahlen konnte der Zoll geschätzt nur etwa 10% der geschmuggelten Waren abfangen, deswegen verstärkten die Briten die Grenzbewachung und zogen Personal von anderen Regionen ab. Haßelhuhns Abordnung nach Lichtenbusch sollte ursprünglich nur etwa 3 Monate dauern, doch daraus wurde ein permanenter Einsatz, vor allem da er mit Raudi ein sehr erfolgreiches Team bildete. Fritz Haßelhuhn und Raudi stiegen ab Ende der 40er Jahre deutschlandweit an die Spitze der Aufgriffe mit 864 im Zeitraum 1948 bis 1951, also im Schnitt mehr als ein Fund pro Arbeitstag. Der Dienst im oft unwegsamem Gelände war anstrengend und gefährlich, an der Grenze starben in den ersten Jahren nach dem Krieg mehrere Zöllner pro Jahr in Auseinandersetzungen mit Schmugglern.
Im Januar 1949 fand seine Entnazifizierung statt, die ihn in die Stufe V der Entlasteten einordnete. Im gleichen Jahr stand das 25jährige Dienstjubiläum an (Urkunde rechts).

FotoEinen beachtlichen Fund machte Fritz Haßelhuhns Enkel Jörn bei seinen Recherchen. Der Autor Herbert Plate[19] hatte Fritz Haßelhuhn in den 50er Jahren ausführlich interviewt. In seinem Buch beschreibt Plate auf mehreren Seiten eindrücklich das besondere Verhältnis zwischen Zöllner und Diensthund. So erzählt er z.B. von einem Fall aus dem Jahr 1950, bei dem Haßelhuhns Zollhund Raudi ihn gegen einen mit einem Dolch bewaffneten Schmuggler verteidigte und diesem im Kampf 26 Bisse zufügte. Dabei wird auch deutlich, in welch gefährlicher Situation sich die Zöllner befanden vor dem Hintergrund eines in großem Umfang stattfindenden Kaffee-Schmuggels an der westdeutschen Grenze. Mit einem Wettstreit im Sinne von Robin Hood hatte das Ganze nichts zu tun, hier ging es um harte wirtschaftliche Interessen, um günstig in Belgien erworbenen Kaffee, Zigaretten und Schokolade teuer in Deutschland verkaufen zu können. Raudi, einer der erfolgreichsten Zollhunde, erlangte auch bald überregionale Bekanntheit und war bei Schmugglern wegen seiner guten Spürnase und den Erfolgen gleichermaßen gefürchtet wir verhasst, sodass es mit der Zeit zu Anschlägen kam, die glücklicherweise erfolglos blieben. Haßelhuhn hatte Raudi schon während seiner Zeit in Norddeutschland ausgebildet, wobei er Dank seiner langjährigen Erfahrung als Ausbilder Raudis großes Talent entdeckte. Sie wurden schnell ein eingespieltes Team, das überwiegend Nachts auf Streife war. Die Bevölkerung war erfinderisch beim Schmuggel und trat z.B. als Ehepaar auf, vergrub Kaffeesäcke, nutzte grenznahe Gebäude, besuchten Sonntags Gottesdienste hinter der Grenze. Die Schmuggler kamen auf immer neue Ideen, so führte eine Gruppe eine Hündin mit sich, an der Raudi dann mehr Interesse zeigte, als die flüchtenden Schmuggler zu stellen. Nur mit Mühe gelang es Haßelhuhn, seinen Hund wieder zur Besinnung zu bringen, sodass er letztendlich doch wieder zur Schmugglerjagd überging. Nach einer überstandenen Krankheit wurde Fritz Haßelhuhn von der Aachener Grenze in den Innendienst nach Köln versetzt und entschied sich schweren Herzen, Raudi einem Kollegen zu übergeben.
Rechts: Zollhäuser in Aachen-Lichtenbusch im Jahr 1952 (Alte Straße, heutige Raafstraße).

 

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Mit Barka und Raudi (rechts) in
Lichtenbusch, 1948
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Mit Kollege Koch und Raudi in
Lichtenbusch
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Ein kleiner Teil des sichergestellten
Schmuggelkaffees, 1952
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Auszeichnung als Deutschlands bester
Zolldiensthund in Braunlage, 1952

 

FotoIm Juli 1949 kam die Familie aus dem Norden nach, sodass man endlich wiedervereint war. Der Anfang war schwer, an vielen Ecken mussten damals erst wieder Strukturen geschaffen werden. Mit der Zeit konnte man sich aber gemeinsam wieder ein bescheidenes aber glückliches Leben aufbauen. Von August bis September 1950 kam Fritz Haßelhuhn an die Hundeschule Quakenbrück als Hundelehrer, wo er all seine Erfahrung aus dem Krieg und an der norddeutschen Grenze weitergeben konnte (Foto rechts, Haßelhuhn als 4. von rechts).

Foto1951 zog er sich nach überstandener Krankheit vom harten Grenzdienst zurück und wechselte als Abfertigungsbeamter zum Zollamt Güterbahnhof Köln-Gereon. 1952 wurde Raudi in Braunlage als bester Zolldiensthund prämiert und erhielt als Belohnung einen Siegerkranz aus frischen Knackwürsten. Von 1952 begann Haßelhuhns Zeit im Steueraufsichtsdienst, den er bis 1956 bei verschiedenen Zollaufsichtsstellen verbrachte und danach zum Hauptzollamt Aachen-Bismarckstraße versetzt wurde. Im November des selben Jahr verstarb seine Frau Charlotte im Alter von nur 48 Jahren, Heilig Abend 1957 heiratete er seine zweite Frau Minna, die ebenfalls aus Ostpreußen stammte. Die Beförderung zum Zollobersekretär kam im Juni 1961 (Urkunde rechts).

Am 08.09.1966 erlitt Fritz Haßelhuhn im Dienst einen Schlaganfall und verstarb mit nur 61 Jahren am gleichen Tag im Krankenhaus.

Dokumentationen, die auf Fritz Haßelhuhn bzw. Raudi Bezug nehmen
  • Herbert Plate: Vom Leben treuer Hunde, Schneekluth, 1959
  • Wolfgang Trees: Kaffee, Krähenfüße und Kontrollen
  • MERIAN Aachen 1.XXX/C 4701 EX, Seite 96, Wolfgang Trees: Alltag im Dreiländereck
  • Wolfgang Trees, Triangel Verlag Aachen: Schmuggler, Zöllner und Kaffeepanzer

 

Fußnoten

[1] heute Werschiny in Russland
[2] heute Kaliningrad in Russland
[3] heute Tichoje in Russland
[4] heute Mosyr in Russland
[5] heute Gussewo in Russland
[6] heute Dawny ewangelicki Kosciol Lutra in Gdansk in Polen
[7] heute Dubeninki in Polen
[8] 1938 in Eydtkau umbenannt, heute Tschernyschewskoje in Russland
[9] heute Zawady in Polen
[10] heute Nidzica in Polen
[11] heute Muszaki in Polen
[12] heute Napierki in Polen
[13] heute Ciechanow in Polen
[14] dabei handelte es sich um ältere Waffen, die schon im 1. Weltkrieg Verwendung fanden. Das Gewehr 98 war der etwa 1900 eingeführte längere und schwerere Vorgänger des 1935 eingeführten Gewehrs 98k. Das wassergekühlte Maschinengewehr 08/15 wurde 1915 eingeführt
[15] heute Mamonowo in Russland
[16] heute Braniewo in Polen
[17] heute Frombork in Polen
[18] heute Baltijsk in Russland
[19] Herbert Plate, Vom Leben treuer Hunde - Schicksale der Gefährten, 1. Auflage erschienen 1959 im Verlag Franz Schneekluth in Darmstadt

 

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