Inhalt

 

1. Aufbau

Ende der 1920er Jahre ging die Reichswehr davon aus, dass eine neuerliche militärische Auseinandersetzung nicht erst mit einer förmlichen Kriegserklärung beginnt. Man erwartete stattdessen, dass der Gegner im Vorfeld Spione und Saboteure über die Grenze schleusen und die Situation mit der Zeit mehr und mehr eskalieren würde. Der Einsatz von Militär zur Abriegelung der Grenze hätte einen Konflikt verschärften können und war auch wegen des durch den Versailler Vertrag auf nur 100.000 Mann begrenzten Reichsheeres schwierig. Darüber hinaus durfte das Deutsche Reich innerhalb von 50km beiderseits des Rheins, also an der kompletten Westgrenze, keine militärischen Truppen und Befestigungen unterhalten, was andernfalls als kriegerischer Akt gewertet worden wäre. Die einzige Lösung bestand darin, Ressourcen bzw. bewaffnete Kräfte außerhalb der Reichswehr zu nutzen, wobei sich praktisch nur der bereits an der Grenze stehende Grenzaufsichtsdienst (1937 in Zollgrenzschutz umbenannt) anbot. Die Männer kannten das Gelände, hatten Erfahrung mit illegalen Grenzübertritten und verfügten über einen gewissen Einblick in Geschehnisse jenseits der Grenze.
Konkret wurden die Planungen mit der im Oktober 1932 erlassenen Weisung für die Vorbereitung der Reichsverteidigung, der erste Studien und Pläne folgten. Mit dem im April 1933 durch Adolf Hitler gegründeten Reichsverteidigungsrat, dem der Reichsfinanzminister angehörte, sowie der überarbeiteten Weisung vom Juli 1933 bekamen die Planungen einen anderen Charakter. Da jedoch die Kräfte der Reichsfinanzverwaltung alleine nicht ausreichten, entwickelte man folgendes Szenario:

  • Normalfall: Der Grenzaufsichtsdienst/Zollgrenzschutz bewacht die Grenze im Rahmen seiner üblichen Aufgaben.
  • Krisenfall: Der Verstärkte Grenzaufsichtsdienst (VGAD) wird einberufen. Hierbei wurde der Grenzaufsichtsdienst/Zollgrenzschutz um militärisch ausgebildete Wehrpflichtige der Grenzbevölkerung ergänzt, sowie um Zöllner aus anderen Dienstellen (innere Verwaltung, Zollfahndung, grenzferne Dienststellen usw.). Der VGAD gehörte zur Reichsfinanzverwaltung.
  • Ernstfall: Die Grenzwacht wird einberufen. Dies waren im Wesentlichen nichtaktive Truppenteile der Wehrmacht, die im Bedarfsfall von den Wehrkreisen zur Grenzverteidigung zu aktivieren waren. Der VGAD wäre ebenfalls Teil der militärischen Grenzwacht und somit der Wehrmacht geworden.

Die Pläne waren streng geheim und bis ins Detail ausgearbeitet, damit in der Reichsfinanzverwaltung und Reichswehr/Wehrmacht jede Stelle wusste, was zu tun war. Die Pläne sahen vor, dass die Reichsregierung über die jeweiligen Stufen entschied. Der Reichsfinanzminister gab die Einberufungsanordnung für den VGAD an die Landesfinanzämter (LFA) / Oberfinanzpräsidien (OFP) weiter, die über die Hauptzollämter (HZA) und die Bezirkszollkommissariate (BZKom) die Grenzaufsichtsdienststellen (GASt) alarmierten. Gleichzeitig wurden über die Befehlskette der Reichswehr/Wehrmacht die örtlichen militärischen Einheiten informiert. Im Notfall hätte auch direkt das betroffene LFA/OFP mit dem örtlichen militärischen Befehlshaber aktiv werden können.
Von den Grenzaufsichtsdienststellen wurden die Ergänzungskräfte der Grenzbevölkerung durch Telefon, Boten etc. alarmiert, gleichzeitig konnten das OFP bzw. HZA Personal aus anderen Dienststellen zuführen. Ausrüstung und Waffen standen in Lagern bereit, es fanden regelmäßige Übungen statt sodass der VGAD innerhalb weniger Stunden einsatzbereit war.
Die Vorschriften und Pläne wurden stets auf dem Laufenden gehalten und schließlich im September 1937 in den Bestimmungen für die Vorbereitung eines Verstärkten Grenzaufsichtsdienstes an den Grenzen des Reichs (Best.-VGAD) zusammengefasst. Für das an der Küste eingesetzte Personal wurde kurz darauf die Best.-VGAD-Küste erlassen.

Die Bestimmungen waren auf Verteidigung ausgelegt, weshalb ein bestimmtes Personalkontingent aus leistungsstarken und militärisch ausgebildeten Männern der nahen Grenzbevölkerung für den VGAD reserviert blieb. Als das Deutsche Reich ab 1939 zu Angriffskriegen überging, genoss die Wehrmacht Vorrang und zog die Männer ein. Um den Personalbedarf zu decken, stellten zunächst die Kreispolizeibehörden auf Basis der Notdienstverordnung vom 15.10.1938 Männer zum langfristigen Notdienst bereit, später übernahmen dies die Wehrkreiskommandos der Wehrmacht.

 

2. Abgrenzung VGAD / Zollgrenzschutz

Grenzaufsichtsdienst (GAD) war die offizielle Bezeichnung für den Dienst an der Grenze, insofern stellte der Verstärkte Grenzaufsichtsdienst (VGAD) begrifflich eine logische und allgemeinverständliche Umschreibung dar. Auch nach der Umbenennung des GAD in Zollgrenzschutz im März 1937 behielt man die Bezeichnung VGAD bei und nur vereinzelt kam der Begriff Verstärkter Zollgrenzschutz zur Anwendung.

Eine klare Abgrenzung der Begriffe Zollgrenzschutz und VGAD ist schwierig. Zollgrenzschutz lässt sich grundsätzlich als Oberbegriff für die gesamte Organisation der Grenzbewachung in der Reichsfinanzverwaltung ausmachen, die Dienststellen hießen weiterhin z.B. Befehlsstelle des Zollgrenzschutzes oder Generalinspekteur des Zollgrenzschutzes. Für die Organisation direkt an den Grenzen, das heißt, im Wesentlichen Bezirkszollkommissariate und Grenzaufsichtsstellen, bürgerte sich nach Kriegsbeginn der Oberbegriff VGAD ein. Dabei umfassten beide Begriffe sowohl die Stammbeamten sowie das Ergänzungspersonal der jeweiligen Dienststellen.

Letztendlich wurden beide Begriffe mit der Zeit oft synonym verwendet, wobei es in den besetzten Gebieten Unterschiede gab. Als einzige Zollgrenzschutz-Organisation nutze der Zollgrenzschutz Niederlande die Bezeichnung VGAD flächendeckend auf Amtsschildern und KFZ-Kennzeichen und taufte sogar ein Zollboot auf diesen Namen.

 

3. Einsatz

Der VGAD wurde bei den Besetzungen des Sudetenlandes, Österreichs, der Tschechoslowakei sowie des Memellandes aufgerufen und sicherte die Grenzen, während die eigentliche Besetzung der Gebiete durch die Wehrmacht erfolgte. Nach wenigen Tagen erging der Auflösungsbefehl, da Zwischenfälle an den Grenzen ausblieben.
Im Vorfeld des Überfalls auf Polen kam es zu einem starken Anwachsen der Ergänzungsmänner, da eine möglichst dichte Grenzbewachung erfolgen sollte, Stammbeamte zur Wehrmacht eingezogen wurden und Personal frühzeitig für den Aufbau von Dienststellen in Polen bereitgehalten wurde. Spätestens im Dezember 1939 bestand der Zollgrenzschutz mit 59% mehrheitlich aus Ergänzungspersonal, das in fast allen OFP-Bezirken Dienst tat. Dieses Bild änderte sich bis Kriegsende nicht mehr, die Stärke pendelte sich bei ca. 40-44.000 Mann ein mit einem Anteil von bis zu ca. 80% am Personalbestand des Zollgrenzschutz.

copyright: www.zollgrenzschutz.de

Schon kurz vor Kriegsbeginn wurde insbesondere im Westen die Grenzwacht aufgerufen unter regionaler Eingliederung des VGAD, aber schon wenige Wochen danach wieder freigegeben. Der VGAD war in allen Einsatzgebieten des Zollgrenzschutzes aktiv, wobei Frankreich mit ca. 10.000 Mann, sowie das Generalgouvernement und das Oberfinanzpräsidium Ostpreußen mit ja ca. 5.000 Mann die größten Verwaltungen darstellten. Durch den verlustreichen Krieg mit der Sowjetunion zog die Wehrmacht zunehmend die jüngeren Beamte sowie militärisch erfahrenes Personal ein. Das Konzept, militärisch ausgebildete Personen der nahen Grenzbevölkerung für den VGAD zu verwenden musste aufgegeben werden und das Personal kam letztendlich aus allen Teilen des Reichsgebiets. Um die Lücken zu füllen und die immer größeren Gebiete abdecken zu können, erhielt der Zollgrenzschutz auf Basis der Notdienstverordnung Männer aus den noch nicht zur Wehrmacht einberufenen Jahrgängen. Dabei gab es ein ständiges Kommen und Gehen, da er immer mehr Jahrgänge komplett an die Wehrmacht abzugeben hatte und immer älteren Ersatz bekam. Darüber hinaus mussten Personen aus Mangelberufen freigegeben werden und nicht jeder Ersatz stellte sich vor Ort als tauglich heraus. Ab ca. 1943 waren die Geburtsjahrgänge jünger als 1905 überwiegend abgegeben und mit Jahrgängen älter als 1900 ersetzt worden.

Die Ausbildung der Verstärkung erfolgte in den ersten Jahren in speziellen Zollzügen bei Landesschützen-Ersatz-Bataillonen, welche das Personal nach ca. 6 Wochen Ausbildung mit Waffen und Ausrüstung an den Zollgrenzschutz übergaben. Diese Personen hatten zwar überwiegend Kampferfahrungen aus dem 1. Weltkrieg, waren aber aufgrund des Alters körperlich und ausbildungsmäßig längst nicht mehr auf der Höhe. Für den Dienst, der häufig in abgelegenen Gebieten mit schwierigem Gelände stattfand, erwies sich das als nachteilig. Dennoch nahm man eine gewisse Schwächung der Grenzbewachung bewusst in Kauf im Sinne des Vorrangs der Wehrmacht. Der von Finanzstaatssekretär Fritz Reinhardt in seiner Münchener Anordnung von Mai 1937 vollmundig gemachte Ansage, zur Dienstleistung an der Grenze sind die besten Männer gerade gut genug, konnte immer weniger entsprochen werden. Zunächst den Ergänzungskräften kritisch gegenüber eingestellt, sahen die höheren Beamten mit der Zeit die Notwendigkeit ein, ihnen verantwortungsvolle Aufgaben zu übertragen bis hin zur Leitung von Grenzaufsichtsstellen und erkallten die Leistungen an. Die Reichsfinanzverwaltung richtete dazu flächendeckend eigene Ausbildungslagern ein, um die Männer militärisch zu schulen, bzw. sie zu Dienststellenleitern oder -vertretern auszubilden.

Bestand die Grenzsicherung in den besetzten Gebieten zunächst im Wesentlichen aus Streifendienst, Verhinderung von Schmuggel und Kontrolle von Personen/Waren an Grenzübergängen, bekam dies schnell eine militärische Komponente. Spätestens mit dem Krieg gegen die Sowjetunion, dem stetigen Abzug von Wehrmachteinheiten aus den besetzten Gebieten und dem durchweg repressiven Verhalten der deutschen Administration, bekamen Widerstandsgruppen/Partisanen Auftrieb und genug Luft für Aktionen. Zunächst meist unblutig auf den Raub von Waffen und Uniformen bedacht, entwickelten sich schnell konzentrierte Überfälle und zahlenmäßig starke Kampfhandlungen, die zur Herrschaft über größere Gebiete führten und auch dem Zollgrenzschutz vor allem im Osten hohe Verluste zufügten. Die Struktur mit kleinen abgelegenen Dienststellen funktionierte zwar an der Reichsgrenze gegen Schmuggler, aber nicht in besetzten Gebieten gegen militärisch starke Gegner, die Streifen und Dienststellen überfielen, Versorgung abschnitten usw. Mehr Personal war nicht verfügbar, Wehrmacht bzw. Polizei konnten nur eingeschränkt helfen, weswegen sich der Zollgrenzschutz teils aus der Fläche zurückzog, Dienststellen zusammenlegte, die Bewaffnung verstärkte und an Aktionen gegen Partisanen teilnahm.

Nach dem Stauffenberg-Attentat auf Adolf Hitler im Juni 1944 übernahm das SS-Reichssicherheitshauptamt den Zollgrenzschutz, wobei sich der Einsatz zunächst nur wenig änderte. Mit der Zeit wurde Hilfspersonal aber auch zur Bewachung in Gefängnissen sowie Konzentrations- und Arbeitslagern eingesetzt. Ab etwa Mitte 1944 wurde der Zollgrenzschutz unter dem Druck der vorrückenden Alliierten vielfach in sogenannte Zollgrenzschutz-Bataillone zusammengefasst und in Kampfhandlungen verwickelt, bei denen es ebenfalls hohe Verluste gab.

 

4. Uniform & Dienstgrade
4.1 1933/34 - Oktober 1940

Der VGAD war ursprünglich nur als temporäre Einrichtung gedacht, mit der Option, ihn bei Bedarf in die militärische Grenzwacht zu überführen. Deswegen gab es keine Notwendigkeit für separate Dienstgrade und die Ausgabe von Zoll-Uniformen.
In Anlehnung an den niedrigsten Dienstgrad im Grenzaufsichtsdienst, dem Zollgrenzangestellten, nannte man die Ergänzungskräfte Hilfsgrenzangestellte, bzw. Higa. Sie trugen nicht die Uniform der Reichsfinanzverwaltung, sondern die der Reichswehr/Wehrmacht ohne Rang- und Hoheitsabzeichen, dazu die Zoll-Dienstmütze und auf einer Armbinde das Wappenschild der RFV.

Nach Kriegsbeginn war der VGAD allerdings zu einer Dauereinrichtung geworden, bei der die Higa mitunter den gleichen Dienst wie die Stammbeamten versahen, verantwortungsvolle Aufgaben übernahmen und sich in Einsätzen bewährten. Mit der Zeit wurde die unterschiedliche Bekleidung als ungerecht empfunden, abgesehen von dem logistischen Aufwand. Deswegen erhielten die Hilfsgrenzangestellten, unter Beibehaltung ihres Dienstgrades, ab Juli 1940 die gleiche Uniform wie die Stammbeamten mit den Kragenspiegeln und Schulterstücken der Zollgrenzangestellten. Äußerlich waren Beamte und Hilfskräfte nicht zu unterscheiden, der entsprechende Status war nur im Dienstausweis ersichtlich.

DienstgradPersonenkreis / VoraussetzungenSchulterstückKragenspiegel
Hilfsgrenzangestellter
(ca. 1933/34 - Juli 1940)
Alle Ergänzungskräfte Keine Dienstgradabzeichen
Hilfsgrenzangestellter
(Juli 1940 - Oktober 1940)
Alle Ergänzungskräfte copyright: www.zollgrenzschutz.de copyright: www.zollgrenzschutz.de

 

copyright: www.zollgrenzschutz.de
Hilfsgrenzangestellter bis Oktober 1940
copyright: www.zollgrenzschutz.de
Hilfsgrenzangestellter Juli bis Oktober 1940
copyright: www.zollgrenzschutz.de
Hilfsgrenzangestellter Juli bis Oktober 1940,
noch mit Wehrmachtsuniform, aber schon den Higa-Schulterstücken

 

4.2 Ab Oktober 1940

Damit hatte man zwar die Uniform vereinheitlicht, dennoch gab es weiterhin keine Möglichkeit der Beförderung und der ursprünglich nur für wenige Monate vorgesehene Einsatz der Ergänzungskräfte zog sich zunehmend in die Länge. Nach nach den schnellen Erfolgen im Feldzug gegen Frankreich war zudem mit einem raschen Einsatz des Zollgrenzschutzes in den Benelux-Staaten und Frankreich zu rechnen.
Im Oktober 1940 richtete die Reichsfinanzverwaltung die sogenannte Zollgrenzschutz-Reserve (ZGR) ein, in der alle Higa begrifflich zusammengefasst waren. Gleichzeitig schuf die RFV drei neue Dienstgrade für das Ergänzungspersonal, wobei den Dienstgraden Zollbetriebsassistent, Zollassistent und Zollsekretär das Präfix Hilfs vorangestellt wurde. Die entsprechenden Schulterstücke erhielten eine 0,8cm breite zollgrüne Schlaufe, womit sich Stamm- und Ergänzungskräfte ab sofort auch äußerlich unterschieden. Dennoch dauerte es noch Monate, um das Hilfspersonal vorschriftsmäßig auszustatten.

DienstgradPersonenkreis / VoraussetzungenSchulterstückKragenspiegel
Hilfszollbetriebsassistent
(HizBass / HZBass)
Alle bisherigen Hilfsgrenzangestellten copyright: www.zollgrenzschutz.de copyright: www.zollgrenzschutz.de
Hilfszollassistent
(HizAss / HZAss)
Militärischer Dienstgrad mindestens Unteroffizier oder aufgrund dienstlicher Leistungen und Persönlichkeit Eignung zum Streifenführer vorhanden. Dies galt nach mindestens einjähriger Dienstzeit im Zollgrenzschutz. copyright: www.zollgrenzschutz.de copyright: www.zollgrenzschutz.de
Hilfszollsekretär
(HZS)
Militärischer Dienstgrad mindestens Unteroffizier und aufgrund Persönlichkeit Eignung zum Postenführer vorhanden. Beförderung sollte Ausnahme bleiben und Anerkennung für außergewöhnliche Leistungen sein. Nur max. 10% der Reservisten pro Hauptzollamt / Befehlsstelle sollten diesen Dienstgrad tragen. copyright: www.zollgrenzschutz.de copyright: www.zollgrenzschutz.de

 

copyright: www.zollgrenzschutz.de
Hilfszollbetriebsassistent
copyright: www.zollgrenzschutz.de
Hilfszollbetriebsassistent,
noch mit Higa-Schulterstücken, aber schon den neuen Kragenspiegeln
copyright: www.zollgrenzschutz.de
Hilfszollassistent
copyright: www.zollgrenzschutz.deHilfszollsekretär,
vermutlich Dr. Karl-Friedrich Rieber

 

5. Vereidigung

Im Januar 1941 bestimmte Finanzstaatssekretär Fritz Reinhardt, dass die Angehörigen der Zollgrenzschutz-Reserve nun auch in feierlicher Form auf den Führer zu vereidigen seien. Damit sollte laut Reinhardt den Reservisten die ihnen übertragene Verantwortung im Zollgrenzschutz eindrucksvoll vor Augen geführt werden.

Die Vereidigung hatte gemäß §4 des Deutschen Beamtengesetzes stattzufinden:

  1. Die besondere Verbundenheit mit Führer und Reich bekräftigt der Beamte mit folgendem Eide, den er bei Antritt seines ersten Dienstes zu leisten hat:
    Ich schwöre: Ich werde dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, treu und gehorsam sein, die Gesetze beachten und meine Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, so wahr mir Gott helfe
  2. Gestattet ein Gesetz den Mitgliedern einer Religionsgesellschaft an Stelle des Eides andere Beteuerungsformeln zu gebrauchen, so kann der Beamte, der Mitglied einer solchen Religionsgesellschaft ist, diese Beteuerungsformel sprechen.
  3. Erklärt der Beamte, dass er Bedenken habe, den Eid in religiöser Form zu leisten, so kann er ihn ohne die Schlussworte leisten.

Ferner galten folgende Durchführungsbestimmungen:

  • Vereidigung bei einer Dienststelle, die eine Dienstflagge führt. Vor der Vereidigung ist eine Flaggenhissung durchzuführen.
  • Vereidigung einer möglichst hohen Zahl von Reservisten. Bereits Vereidigte nehmen unter Gewehr teil, zu vereidigende Reservisten tragen nur Seitenwaffen.
  • HZA-Vorsteher / Befehlsstellenleiter, bzw. Bezirkszollkommissare haben die Vereidigung vorzunehmen. In kurzer Ansprache ist auf die Bedeutung des Eides hinzuweisen.
  • Die Vereidigung endet mit der Führerehrung

 

6. Dienstzeit-Urkunde

copyright: www.zollgrenzschutz.deNach Ende der Dienstzeit im Zollgrenzschutz erhielten die Ergänzungskräfte eine Urkunde als allgemeine Bestätigung für die abgeleistete Dienstzeit. Hatte sich der Angehörige etwas zu Schulden kommen lassen, konnte die Ausstellung der Urkunde verwehrt werden. Neben dem folgenden Text enthielt sie eine Faksimile-Unterschrift von Reichsfinanzminister Schwerin von Krosigk, das Ausstellungsdatum sowie Dienstgrad und Name des Empfängers.

Sie haben in Deutschlands großer Zeit dem Verstärkten Zollgrenzschutz angehört und in diesem schweren und verantwortungsvollen Dienst die Ehrenpflicht des deutschen Mannes, in der Stunde der Gefahr Volk und Vaterland zu schützen, erfüllt. Sie haben sich für die große Aufgabe des Zollgrenzschutzes, die Grenzen des Reichs zu sichern, mit Treue und Hingabe eingesetzt. Ich spreche Ihnen dafür meinen Dank und meine Anerkennung aus.

 

7. Hilfspersonal von SA und SS

Neben den oben beschriebenen Hilfsgrenzangestellten im Rahmen des VGAD kam es nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zur Einstellung von SA- und SS-Angehörigen. Diese wurden ebenfalls überwiegend als Hilfsgrenzangestellte bzw. Higa bezeichnet, auch wenn ihr Dienst vermutlich nicht immer im Rahmen des VGAD erfolgte.

7.1 Februar/März 1933

Etwa ab Februar/März 1933 kam es kurzfristig zur Einstellung von SA- und SS-Angehörigen als Hilfsgrenzangestellte. Die genauen Hintergründe sind noch nicht in Gänze bekannt, aber ein Zusammenhang mit der zeitgleich auf Anordnung von Hermann Göring geschaffenen Hilfspolizei aus dem gleichen Personenkreis liegt nahe. Diese sollte die Polizei verstärken, bei der Ausschaltung von NS-Gegnern helfen und die Polizei politisch in Augenschein nehmen.

Bekannt ist, dass die Hauptzollämter Singen und Konstanz insgesamt 140 Mann von SA und SS zur Verstärkung der Kontrolle an Grenzübergängen bekamen, was hochgerechnet auf das Reichsgebiet mehrere tausend Mann ausmachen würde. Diese Higa waren mit Stahlhelmen und Karabinern ausgerüstet, wobei diese martialische Ausrüstung wohl eher einschüchternd wirken, als bei der Kontrolle nützlich sein sollte. Zweck dieses Einsatzes dürfte gewesen sein, das Absetzen von Personen ins Ausland (NS-Gegner, Juden und andere Verfolgte) zu verhindern und ihnen habhaft zu werden. Über den Einsatz, ob es wie bei der Hilfspolizei zu brutalen Übergriffen kam und welche Rolle die Reichsfinanzverwaltung spielte, liegen mir keine Informationen vor. Anscheinend schieden die meisten dieser Männer in den folgenden Monaten freiwillig oder mangels Eignung wieder aus.

7.2 Juli 1933

copyright: www.zollgrenzschutz.deIm Juli 1933 folge mit ca. 2.000 Männern das nächste Kontingent, das nun neben der Parteiuniform das Wappenschild der Reichsfinanzverwaltung trug. Anscheinend wurde ein Teil dieser Männer als Zollangestellte (auf Probe) eingestellt. Ab 1934 versuchte die Reichsfinanzverwaltung diese Männer wieder loszuwerden, da sie den Aufgaben des Grenzaufsichtsdienstes überwiegend nicht gewachsen waren. Geeignete Männer konnten allerdings bis Oktober 1934 eine Prüfung ablegen, der Rest war bis spätestens März 1935 zu entlassen.

Anmerkung: Das Bild wurde vor dem Zollamt Seifhennersdorf im Kreis Zittau aufgenommen.

7.3 1935

copyright: www.zollgrenzschutz.deEnde 1935 hatte man die Meinung schon wieder etwas geändert, wohl aus Mangel an Personal und sicher auch aus politischen Gründen. Dieses Mal wollte man für die noch vorhandenen ca. 2.000 Higa aus den Reihen der SS klare Verhältnisse schaffen und sie, sofern möglich, in der Verwaltung behalten sowie später als Zollgrenzangestellte in das Beamtenverhältnis überführen. Dafür galten folgende Voraussetzungen:

  • Zum Zeitpunkt der Einstellung höchstens 30 Jahre alt, ohne Rücksicht auf die Dauer das NSDAP-Mitgliedschaft
  • Zum Zeitpunkt der Einstellung höchstens 36 Jahre alt und vor dem 3.01.1933 in die NSDAP eingetreten
  • Zum Zeitpunkt der Einstellung über 36 Jahre alt und vor dem 14.09.1930 in die NSDAP eingetreten (alte Kämpfer)

Die körperliche Grenzdiensttauglichkeit war nachzuweisen, sowie die nötigen Kenntnisse durch das Ablegen einer Prüfung. Aber auch bei fehlender Eignung und nicht bestandenen Prüfungen durften sie bleiben, bis eine Stelle als Zollwachtmeister im Innendienst frei wurde. Insofern war im Zweifel die NSADP-Mitgliedschaft wichtiger als die Leistung. Alle SS-Higa, welche die obigen Alterskriterien nicht erfüllten, waren zu entlassen.

7.4 1937

Spätestens ab April 1937 sollten 3.000 SS-Männer eingestellt werden, diesmal als Zollbetriebsassistenten auf Widerruf. Die Auswahl nahm Heinrich Himmler als Reichsfüher-SS im Einvernehmen mit dem Reichsfinanzminister vor, wobei folgende Maßgaben galten:

  • Ca. 25-27 Jahre alt
  • Uneingeschränkte Grenzdiensttauglichkeit
  • Unbescholtenheit ohne Schulden
  • Bestehen einer Vorprüfung. Hierbei waren übersteigerte Anforderungen zu vermeiden und die Prüfungsbedingen nicht engherzig auszulegen, sofern mit dem Bestehen der Zollassistentenprüfung gerechnet werden konnte. Der Vorprüfung war ein SS-Führer mindestens im Rang eines Sturmbannführers (Major) mit beratender Stimme hinzuzuziehen.

Das Erfüllen der Voraussetzungen war nachzuweisen, darüber hinaus hatten die Bewerber einen SS-Dienstanzug zu tragen und diesen im Zweifel auf eigene Kosten zu beschaffen. Die Vorprüfungen fanden zumindest teilweise in SS-Einrichtungen statt wie z.B. dem SS-Hilfswerklager Schleißheim. Grundsätzlich kann die Einstellung als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gesehen werden, von der die SS profitierte, in dem sie ihre arbeitslosen oder in minderen Arbeiten tätigen Mitglieder in den angesehenen Staatsdienst vermittelte. Aber auch die mit Nachwuchssorgen zu kämpfende Reichsfinanzverwaltung profitierte, da der Dienst an der Grenze durchaus schwer und nicht immer beliebt war. Dies zeigt aber auch, dass es längst keine Berührungsängste mehr gab und die RFV bereit, oder aus politischen Erwägungen gezwungen war, ihre Anforderungen gegenüber Angehörigen von NS-Organisationen abzusenken.
Nach der Vorprüfung fand die Ausbildung an der Grenze und in Zollschulen statt, was am Ende in der Zollassistentenprüfung mündete. Bestand der Bewerber nicht und war auch ein erneuter Besuch der Zollschule samt Zweitprüfung mit reduzierter Anforderung erfolglos, war er zu entlassen. Da dies dennoch eine Bevorzugung gegenüber den normalen Anwärtern führte, wurden dort die Zugangsbedingungen zumindest etwas erleichtert.

7.5 Higa-Einheiten der SS

In den Reihen der SS gab es separate Higa-Einheiten, so nennt erstmals die Dienstaltersliste der Schutzstaffel der NSDAP vom 01.12.1936 sogenannte Hilfsgrenzangestellten-Sturmbanne (Higa-Stb.). Diese bestanden bei Oberabschnitten mit Grenze und waren in Stürme unterteilt, von denen es vermutlich je 3 gab. Das Statistische Jahrbuch der Schutzstaffel der NSDAP von 1938 nennt sie mit ca. 1.600 Angehörigen (siehe Statistik unten). Laut Beschreibung handelte es sich um SS-Angehörige, die im Zolldienst als Hilfsgrenzangestellte (Higa) oder als Zollangestellte bzw. Zollbeamte tätig sind. Dies könnte SS-Angehörige umfassen, die seit 1933 von der SS zur Verfügung gestellt wurden, sowie Zöllner, die von sich aus der SS beitraten. Möglicherweise sind das die Männer, welche aus den o.g. Aktionen übriggeblieben waren, die Gliederung als SS-Reserve deutet allerdings auf die Altersgruppe 35-45 Jahre hin.

Aus den Unterlagen der Reichsfinanzverwaltung sowie der einschlägigen Literatur sind die Higa-Stb. bisher nicht bekannt. Inwiefern diese im Rahmen des VGAD z.B. als Ergänzungspersonal eingesetzt waren, wie die genauen Aufgaben und Strukturen aussahen usw., ist gegenwärtig noch unklar. Auch zur Uniformierung lässt sich nur wenig sagen, laut einem Foto im Warrelics-Forum scheint es individuelle Ärmelstreifen gegeben zu haben. Ein paar allgemeine Anhaltspunkte finden sich im Forum der Wehrmacht.

OberabschnittGesamtstärke amZusammensetzung am 31.12.1938Anmerkungen
31.01.3830.06.3831.12.38BewerberAnwärterMännerZugehörigeGesamt
Süd 208 44 4 - - 4 - 4 Zum 01.04.38 aufgelöst
Südwest 357 401 432 91 2 335 4 432 -
Rhein 207 360 385 64 1 315 5 385 -
Südost 203 143 84 - - 84 - 84 -
Elbe 486 510 537 141 170 226 - 537 -
Main 115 117 123 3 - 120 - 123 -
Gesamt 1.576 1.575 1.565 299 173 1.084 9 1.565 -

 

Folgende Stürme ließen sich bisher ermitteln:

  • Higa-Sturm 1 Main
  • Higa-Sturm 5 Hegau
  • Higa-Sturm 65 Mittelrhein
  • Higa-Sturm 85 Saar
  • 1. Higa II
  • 2. Higa II
  • Higa Bodensee
  • Higa Lörrach bzw. Higa 2 Lörrach
  • Higa-Sturm Hanauer Land
  • Higa-Sturm Pfalz (Teil der 10. SS-Standarte)
  • 1. Higa Südost
  • 3. Higa Südost

 

8. VGAD in der Freien Stadt Danzig

Die Freie Stadt Danzig entstand nach dem 1. Weltkrieg im Rahmen des Versailler Vertrags durch Neugliederung ehemals preußischer Gebiete. Sie hatte eine mehrheitlich deutschsprachige Bevölkerung, war defacto jedoch ein eigener Staat unter Verwaltung des Völberbunds und gehörte weder zum Deutschen Reich noch zu Polen. Dennoch versuchten beide, Einfluss geltend zu machen, mit Vorteilen für das Deutsche Reich aufgrund der kulturellen und sprachlichen Gemeinsamkeiten. Die Danziger NSDAP gewann 1933 die Wahlen und blieb bis zum Beginn des 2. Weltkrieg an der Macht, der am 01.09.1939 in Danzig durch das deutsche Schiff Schleswig-Holstein ausgelöst wurde.

danzig1Bereits im Juli 1939 hatte sich in Danzig unter der Landeszollbehörde ein VGAD zur Bewachung der Landgrenze gebildet, der sich aus ca. 400 Männern der SA-Standarten 5 und 23 zusammensetzte. Später kam auch ein Küstenschutz hinzu, sodass der VGAD insgesamt eine Stärke von ca. 1.000 Mann hatte. Die Männer trugen ihre Uniformen weiter (Foto rechts), am linken Ärmel einen Ärmelstreifen mit der Aufschrift Grenzwache und am rechten Kragen ein SA-Symbol aus Metall (Bild links). Klassische Symbole der Danziger Zollverwaltung kamen also nicht zur Verwendung.

Zunächst fand überwiegend militärische Ausbildung statt, wofür großer Nachholbedarf bestand. Bei Grenzzwischenfällen gab es Tote auf beiden Seiten. Kurz vor Kriegsbeginn übernahm die Landespolizei die Grenzbewachung und gliederte den VGAD am 01.09.1939 in ihre Strukturen ein. In den Kämpfen der folgenden Tage fielen weitere Männer, wenige Tage später zog man das Personal zur weiteren militärischen Ausbildung heraus.

Ob auch Danziger Zöllner dazugehörten, wer den Anstoß zur Aufstellung gab und ob es den VGAD analog zur RFV schon vorher gab, ist aktuell nicht bekannt. Möglicherweise war der VGAD des Juli 1939 eine improvisierte Truppe, um anderen Danziger Sicherheitsorganisationen den Rücken freizuhalten, wobei der Kampfwert fraglich ist. Ebenso ungewiss ist, ob es überhaupt eine faktische Unterstellung unter die Danziger Landeszollbehörde gegeben hat. Denkbar ist durchaus, dass der VGAD nur ein Deckmantel war, um den militärischen Einsatz der SA zu tarnen und formell abzusichern. Damit konnte, sicherlich zum Wohlgefallen der Danziger NS-Machthaber, eine Parteiorganisation in das Geschehen eingreifen, was später auch im Buch Danzig - Deine SA propagandistisch aufgeblasen wurde.

 

Anmerkungen: Das linke Bild wurde mir von Damian L. zur Verfügung gestellt, dem ich herzlich dafür danke. Das rechte Bild ist ein Ausschnitt aus einem Foto des Polnischen Nationalarchivs (Referenz 3/2/0/-/3811) vom 29.08.1939 und wurde dort als Public Domain veröffentlicht.

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