Eines der weniger bekannten Kapitel in der Geschichte des Zollgrenzschutzes ist der Einsatz von weiblichen Hilfskräften beim Zollgrenzschutz Frankreich. Ein uniformierter Dienst für Frauen an der Grenze war ursprünglich nicht vorgesehen, Frauen arbeiteten üblicherweise in der internen Verwaltung z.B. als Sekretärin, Schreibkraft oder Telefonistin. Allerdings durften weibliche Grenzgänger schon damals von männlichen Zöllnern grundsätzlich nicht durchsucht werden, dies war höchstens bei unmittelbarer Gefahr für den Staat nach Genehmigung durch einen höheren Beamten gestattet. Deswegen setzte Zollverwaltung an den Reichsgrenzen sogenannte Durchsuchungsfrauen ein, dabei handelte es sich in der Regel um die Ehefrauen der vor Ort eingesetzten Zöllner, die üblicherweise in Grenznähe wohnten.
Nach dem Waffenstillstand vom Juni 1940 besetzte die Wehrmacht den nördlichen Teil Frankreichs, während die französische Regierung (Vichy Regime) den südlichen Teil verwaltete. Die Grenze zwischen beiden Zonen, die Demarkationslinie, wurde zunächst von der Wehrmacht bewacht und im Februar 1941 vom Zollgrenzschutz übernommen, wobei es nur vereinzelt offizielle Grenzübergänge gab. Der Zollgrenzschutz übernahm hier nicht nur die Abwicklung des Warenverkehrs, sondern auch polizeiliche Aufgaben wie Passnachschau und Spionageabwehr. Besonderes Augenmerk wurde auf die Verhinderung von Waren-, Nachrichten- und Personenschmuggel gelegt, deswegen hatte die Durchsuchung der Grenzgänger einen hohen Stellenwert. Für die Durchsuchung weiblicher Grenzgänger wurde zunächst auf die Ehefrauen der Zollgrenzschützer zurückgegriffen da man die Einstellung von Französinnen aus Gründen der Zuverlässigkeit scheute.
Um eine generelle Lösung zu finden trat das Reichsfinanzministerium an das Deutsche Rote Kreuz heran, das im Sommer 1941 etwa 100 Rot-Kreuz-Helferinnen als Zollgrenzschutz-Helferinnen zur Verfügung stellte. Zunächst beschränkte sich der Einsatz auf die Demarkationslinie, die Kanalinseln und die Biskayaküste. Nach dem Wegfall der Demarkationslinie wurden die Helferinnen ab November 1942 mit ihren bisherigen Dienststellen an die Grenzen mit Spanien, Italien und der Schweiz, sowie an die Mittelmeerküste verlegt. Sofern zeitlich möglich, unterstützten die Helferinnen den Zollgrenzschutz auch bei Verwaltungsarbeiten und im Sanitätsdienst. Bei der Kommandostelle in Paris gab es eine Verbindungsführerin (vermutlich die Oberfeldführerin Käthe von der Schulenburg) zum DRK-Präsidium, die von Bezirksführerinnen (Feldführerinnen) unterstützt wurde.
Ab 1943 traten Partisanen immer massiver auf, so dass ab diesem Zeitpunkt und insbesondere nach den Invasionen in der Normandie (Juli 1944) und an der Mittelmeerküste (September 1944) die Helferinnen ihre Dienstkleidung ablegten und sich als Rot-Kreuz-Schwestern örtlichen DRK-Stellen anschlossen.
Der Einsatz von Helferinnen wurde von Vorgesetzten unterschiedlich beurteilt. Sie benötigten eine eigene Infrastruktur z.B. bei Unterkünften und Sanitär-Einrichtungen und das bei einem Einsatz, der teils in abgelegenen Gegenden stattfand. Darüber hinaus war das Zusammenleben von Frauen und Männern, die Monate von zu Hause und Partnern bzw. Familie weg waren, nicht frei von Komplikationen. Unter dem Strich war die Meinung bei Vorgesetzten eher kritisch, da der Aufwand den Nutzen nicht rechtfertigte.
Die Helferinnen trugen Uniformen, die aus einem Kostüm (Rock und Jacke), weißer Bluse, Krawatte, Schiffchenmütze und Mantel bestanden. Je nach Witterung und Einsatzgebiet waren auch Hosen möglich. Dennoch scheint zu Beginn die Rot-Kreuz-Bekleidung weiter getragen worden zu sein, bis eine entsprechende Ausstattung zur Verfügung stand. Als äußeres Zeichen der Zugehörigkeit zum Zollgrenzschutz dienten der Ärmelstreifen und die Kragenspiegel für Zollgrenzangestellte, darüber hinaus an der Schiffchenmütze das gewebte Hoheitszeichen. Im Detail gab es allerdings zahlreiche Abweichungen.
Helferin noch mit Brosche des DRK |
Mit Zoll-Schiffchen aber ohne Kragenspiegel |
Ärmelband und Kragenspiegel |
Die übliche Bekleidung |
Ende 1942 berichtete eine Zollgrenzschutz-Helferin über ihre ersten Tage im Zollgrenzschutz:
Im Sommer 1941 war sie als Schwester / Helferin des Deutschen Roten Kreuzes in einem Heimatlazarett eingesetzt. Nach dem Gestellungsbefehl fuhr sie mit drei weiteren Helferinnen zur DRK-Zentrale nach Berlin, wo sie sich bereits am nächsten Tag einzufinden hatten. Die insgesamt 54 Helferinnen bekamen in der Kleiderkammer Berlin-Babelsberg vorerst weiße Kittel, Schuhe und Handschuhe, noch aus Bestönden des DRK.
Danach wurde das Ziel Paris ohne weitere Informationen genannt, nach zweitägiger Bahnfahrt kamen sie dort an. Die DRK-Feldführerin von Poncet, Bezirkszollkommissar Wagner von der Kommandostelle Paris und deren Leiter Finanzpräsident Walter Lottner kümmerten sich während des viertägigen Aufenthaltes um die Helferinnen und bereiteten sie mittels Vorträgen auf ihre Aufgaben vor. Der dritte Tag war zur freien Verwendung und wurde mit Einkäufen in der Modestadt Paris verbracht (Bild rechts: Beim Paris-Besuch vor dem Invalidendom). Kurz vor der Abreise wurden die genauen Zielorte bekannt gegeben, 37 Helferinnen kamen zur Befehlsstelle Dax an der Demarkationslinie. Vom Leiter der Befehlsstelle (Zollrat Kirmsse) empfangen, ging es schnell weiter zu den Einsatzorten, den Bezirkszollkommissariaten Beaulac, Mont de Marsan, St. Palais und Orthez. Zunächst wurde der Dienst in Schwesterntracht verrichtet, nach und nach kamen jedoch die zollgrünen Uniformen des Zollgrenzschutzes an.